# taz.de -- petition der woche: Münchner Mülltrennung nicht weltmeisterlich
       
       Wir sind Weltmeister! Laut der Organisation für wirtschaftliche
       Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) recycelt Deutschland weltweit am
       besten. Doch das Beispiel München zeigt, dass auch hierzulande noch viel zu
       tun ist.
       
       Dort gibt es seit 2017 das sogenannte Bringsystem. Jede*r muss seinen
       Verpackungsmüll zu sogenannten Wertstoffinseln bringen – mehr als 1.000
       Container, die in der Stadt verteilt sind. Physikdoktorandin Tamara Ehm
       kritisiert das System. Es sei weder nachhaltig noch inklusiv, und außerdem
       nicht effizient. Deshalb startete sie die Petition „Initiative Gelbe(r)
       Sack/Tonne in München“. Sie will erreichen, dass jeder Haushalt mit Gelben
       Säcken oder Tonnen ausgestattet wird, die mit Verpackungsmüll gefüllt und
       abgeholt werden.
       
       Mülltrennung werde durch die Wertstoffinseln zum Privileg, findet Ehm. Für
       ältere Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, oder
       Rollstuhlfahrer*innen sind die Entfernungen und die kleinen Öffnungen
       der Container große Hürden. Kristina Frank, die Erste Werkleiterin des
       Abfallwirtschaftsbetriebs München, stimmt zu. Die Container seien „nicht
       zwingend benutzerfreundlich“, sagt sie – und sie passten auch nicht ins
       Stadtbild. „Wir arbeiten aber bereits daran, neue Containersysteme
       vorzustellen, die inklusiver und ästhetischer sind.“
       
       Ein anderes Problem hat mit der Verwertung des Plastikmülls zu tun: Es
       scheint unklar zu sein, wie es mit ihm weitergeht. Tamara Ehm fordert mehr
       Transparenz, weil die Verwertung des Mülls Auswirkung auf die Umwelt hat.
       
       „Eine gelbe Tonne oder ein gelber Sack lösen zwar das Problem der
       Klimaerwärmung und der Umweltverschmutzung nicht. Aber die Menschen müssen
       zumindest wissen, was mit ihrem Müll passiert“, fordert sie. Wird er auf
       Deponien verklappt, würde es Schaden anrichten; würde er wiederverwertet,
       wäre es besser.
       
       Aus einem Schreiben des Abfallwirtschaftsbetriebs auf eine entsprechende
       Anfrage eines Bezirksausschusses geht hervor, dass ein großer Teil der
       gesammelten Verpackungen in Zementwerken oder industriellen
       Feuerungsanlagen zur Energieerzeugung genutzt wird. Immerhin.
       
       Die Wertstoffinseln und ihre Entfernung von vielen Münchner Haushalten
       führen aber offenbar auch dazu, dass nur sehr wenig Verpackungsmüll dort
       zusammenkommt. Laut Abfallwirtschaftsbetrieb werden jährlich nur etwa fünf
       Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf an den Wertstoffinseln in München
       gesammelt, bundesweit sind es im Durchschnitt 30 Kilogramm. So landet wohl
       viel Verpackungsmüll aus Bequemlichkeit in der Restmülltonne, deren Inhalt
       vollständig ve rbrannt wird. Dabei könnten 40 Prozent des Verpackungsmülls
       recycelt werden, 50 Prozent würden als Brennstoff in Zementwerken genutzt,
       nur sieben Prozent landeten in der Müllverbrennungsanlage.
       
       Tamara Ehm rechnet vor: „Mit jedem Kilogramm recyceltem Kunststoff können
       etwa 2,3 Kilogramm CO2 gegenüber der Verbrennung eingespart werden. In
       München wären das etwa 32.000 Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr.“
       
       Im Jahr 2023 enden die Verträge für das Bringsystem. Tamara Ehm hofft, dass
       ihre Petition dazu beiträgt, dass es durch die Einführung des gelben Sacks
       ersetzt wird. Marius Ochs
       
       30 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marius Ochs
       
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