# taz.de -- Haushalt in Großbritannien: Das Füllhorn bleibt voll
       
       > Die konservative Regierung verlängert Coronahilfen und will Investitionen
       > fördern. Firmen, die nicht investieren, zahlen drauf.
       
 (IMG) Bild: Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak mit der „Budget Box“ am Mittwoch in London
       
       London taz | Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak hat die Briten auf
       höhere Steuern zur Überwindung der ökonomischen Folgen der Coronapandemie
       eingestellt. Im inzwischen ikonischen weißen Hemd mit diesmal grauer
       Krawatte stellte er am Mittwoch nachmittag [1][vor dem Unterhaus] seinen
       neuen [2][Haushaltsplan 2021] vor. „Fair und wahrhaft“ solle er sein, diese
       Worte wiederholte er immer wieder.
       
       Erst einmal gibt es neue Coronahilfen. Das Kurzarbeiterprogramm für
       Coronabedingte Arbeitsplatzverluste wird bis Ende September verlängert,
       ebenso die wegen der Pandemie geltende Erhöhung des Mindestsatzes der
       individuellen Sozialleistungen um 20 Pfund (23 Euro) pro Woche. Für
       Einzelhandel und Tourismus, wegen der Pandemie lädiert, stehen zusätzliche
       5,78 Milliarden Pfund bereit. Auch an Theater und andere
       Kultureinrichtungen sowie den Sport gingen weitere Hilfsgelder.
       Gleichzeitig wurde die Unterstützung für Selbständige ausgeweitet.
       
       Bis Juli verzichtet die Regierung auf die Grunderwerbsteuer für die ersten
       500.000 Pfund einer Immobilie und für Personen, die sich beim Kauf eines
       Eigenheims nur fünf Prozent Anzahlung leisten könnten, gibt es für den Rest
       ein staatliches Garantieprogramm.
       
       Mit „einer der größten und großzügistgen Reaktionen irgendeines Landes auf
       die Pandemie,“ wie es Sunak selbstlobend nannte, sollten coronabedingte
       Schocks gemildert werden und ein zu hohes Anwachsen der Arbeitslosigkeit
       vermieden werden.
       
       Das bedeutet aber auch einen weiter wachsenden Schuldenberg. Sunak zufolge
       wird sich die Staatsverschuldung auf 96,8 Prozent des britischen BIP
       erhöhen und sich bei diesem Level stabilisieren. Sunak, seit etwa einem
       Jahr im Amt, hat inzwischen nach eigenen Angaben über 407 Milliarden Pfund
       neue Schulden gemacht, die britischen Gesamtschulden bewegen sich insgesamt
       in Richtung von umgerechnet 2,66 Trillionen Euro.
       
       Doch all dies, so Sunak, habe bereits jetzt dafür gesorgt, dass die
       Wirtschaftslage besser sei als die Prognosen des Rechnungsprüfungsamtes
       OBR. Statt bei 11,9 Prozent wie prognostiziert liegt die Arbeitslosenquote
       bei nur 6,5 Prozent.
       
       ## Unternehmenssteuern steigen
       
       Um sich all dies leisten zu können, müssten die Brit*innen nun mit
       Maßnahmen rechnen, die die Finanzen der Regierung langfristig wieder in
       Ordnung bringen, bekannte Sunak – am besten noch vor den nächsten Wahlen
       2024. Die Einkommenssteuern und Sozialversicherungsbeträge von
       Arbeitnehmern bleiben gleich, aber die Unternehmenssteuer steigt für
       Unternehmen mit einem Gewinn von über 250.000 Pfund bis zum Jahr 2023 von
       19 auf 25 Prozent. Für Unternehmen mit einem Gewinn zwischen 250.000 und
       50.000 Pfund steigt die Steuer stufenweise, bei unter 50.000 Pfund bleibt
       sie gleich. Unternehmenssteuererhöhungen waren für die Konservativen im
       Wahlkampf 2019 gegen Labour noch Gift gewesen. Aber auch mit dieser
       Erhöhung hätte Großbritannien immer noch die niedrigste Unternehmenssteuer
       der G7.
       
       Für verlustmachende Unternehmen gibt es einen Steuererlass von bis zu drei
       Jahren, und Unternehmen, die investieren, können vorübergehend ihre
       Investitionen zu bis zu 130 Prozent abschreiben. Dies soll einen Anreiz
       bieten, Profite zu investieren. Es soll zudem eine neue nationale
       Infrastrukturbank im nordenglischen Leeds gegründet werden.
       
       Weniger stattlich sehen Sunaks Investitionen in die grüne erneuerbare
       Wirtschaft aus. Es soll eine grüne Bank geben und einen grünen
       Investmentfonds und neue Offshore-Windenergieparks – aber gefördert mit
       Geldern in Millionenhöhe, nicht Milliarden. Spezielle Einreisevisas sollen
       die besten Köpfe ins Land locken. Wirtschaftlich will Sunak obendrauf acht
       neue Freihäfen schaffen lassen.
       
       Extraberäge gehen außerdem an schottische, nordirische und walisische
       Projekte, mit explizitem Verweis auf den Zusammenhalt der des Vereinigten
       Königreichs. Vielleicht gab es deswegen auch noch als britisches
       I-Tüpfelchen 22 Millionen Pfund für landesweite Feiern zum 70. Jubiläum der
       Krönung von Queen Elizabeth 2022.
       
       ## Kritik von Labour
       
       Trotz der großen Zahlen war Labour-Oppositionsführer Keir Starmer nicht
       begeistert. Der Parteichef übernahm die Antwort seiner Partei persönlich,
       statt sie seiner Schattenfinanzministerin Anneliese Dodd zu überlassen, und
       begründete das damit, dass Sunak die eigentlichen Entscheidungen für die
       Regierung Johnsons treffe.
       
       Fehler der Regierung im vergangenen Jahr hätten überhaupt erst das Land in
       die schwerste Krise unter den global wichtigsten Wirtschaften geführt, so
       Starmer. Sunaks Haushalt beweise, dass dessen Regierung das nicht verstehe.
       Letztlich fehlten auch Maßnahmen, um das Land sozial auszugleichen, wie es
       die Konservativen bei den Wahlen 2019 versprochen hatten – während die
       verarbeitende Industrie, der Finanzsektor und die Fischerei immer noch auf
       einen Brexit warteten, der auch für sie funktioniere.
       
       4 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=AE-FB5EwZqc
 (DIR) [2] https://www.gov.uk/government/publications/budget-2021-documents
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
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