# taz.de -- Anina Ritscher zur Schweizer Abstimmung zur Gesichtsverschleierung: Schädlich vereinfacht
       
       Die Schweiz schreibt ein Verbot der Gesichtsverhüllung in die Verfassung.
       52 Prozent der Stimmberechtigten wollten es so und stimmten am Sonntag mit
       Ja zur sogenannten Verhüllungsinitiative.
       
       Die Initiative reiht sich ein in zahlreiche thematisch und rhetorisch
       ähnliche Initiativen der Schweizerischen Volkspartei SVP und des ihr
       nahestehenden Vereins Egerkinger Komitee: Von der „Minarettinitiative“ 2007
       über die „Ausschaffungsinitiative“ 2008 bis zur
       „Masseneinwanderungsinitiative“ 2014. Sie alle schufen ein fiktives
       Bedrohungsszenario rund um Menschen ohne Schweizer Pass und Muslim:innen.
       
       Das Thema Migration verhalf der SVP bereits in den 90er Jahren zum Aufstieg
       zur meistgewählten Partei der Schweiz. Die aggressiven Kampagnen befeuern
       seit Jahren rassistische und islamophobe Ressentiments.
       
       Obwohl sie weiterhin die meistgewählte Partei blieb, konnte die SVP nach
       2014 mit ihren Initiativen aber keine größeren Erfolge mehr erzielen. Das
       Thema Migration schien abgenutzt und die SVP vermochte es nicht, neue
       Themen zu besetzen.
       
       Die Initiative zum „Verhüllungsverbot“ ist eine Rückkehr zu altbewährten
       Mitteln. Das Abstimmungsresultat zeigt: Rassismus und Islamophobie ziehen
       bei der schweizerischen Stimmbevölkerung noch immer.
       
       Die Initiative zum Verhüllungsverbot legt nicht nur die rechtspopulistische
       Strategie der SVP, sondern auch die Schwächen der schweizerischen direkten
       Demokratie offen. Ein hochkomplexes Thema voller Widersprüche wurde auf ein
       simples „Ja oder Nein“ reduziert. Die Debatte wurde künstlich vereinfacht.
       Schließlich ist die Vollverschleierung in der Schweiz kein wirkliches
       „Problem“: Es gibt hier nur 30 Frauen, die Nikab tragen, und laut Studien
       kommt keine von ihnen aus einem religiös-fundamentalistischen Umfeld.
       Burkaträgerinnen gibt es gar keine.
       
       Das Verbot hilft wirklich niemandem, außer der SVP. Stattdessen schadet es
       den 30 Frauen, der aufgeklärten Debatte und der offenen Gesellschaft
       sowieso.
       
       [1][ausland]
       
       9 Mar 2021
       
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