# taz.de -- Amateurfußball und Lockdown: An der Basis grummelt es
       
       > In vielen Vereinen wächst der Unmut, da ihnen die in Aussicht gestellten
       > Lockerungen nicht reichen. Nun richtet der DFB Forderungen an die Groko.
       
 (IMG) Bild: Alles klar? Fußball für maximal 20 Kinder bei einer Inzidenz von 100, hier U-10 vom SV Loschwitz
       
       Wenn Rainer Koch, Vizepräsident im Deutschen Fußball-Bund (DFB), auf seinem
       [1][Facebook-Profil] tagesaktuelle Themen behandelt, dann erreicht der
       geschickte Netzwerker zwar kein solches Massenpublikum wie Nationalspieler,
       dennoch ist auf seiner Plattform gut nachzuverfolgen, was die Basis bewegt.
       Ganz aktuell geht es um „praxisnahe und verständliche“ Vorgaben einer
       Lockerung der Coronabeschränkungen für die Vereine. Mit dieser Forderung
       sind sich Vize Koch und Präsident Fritz Keller einig, was man bei vielen
       anderen Themenfeldern nicht sagen kann.
       
       Nach den von Bund und Ländern in Aussicht gestellten Lockerungen für den
       Sport erfolgten von Koch und Keller am Donnerstag fast gleichlautende
       Stellungnahmen. Neben einer gewissen Erleichterung formulierten beide
       einiges an Unverständnis, weil 24.500 Vereine bis Ostern die Perspektive
       vermissen. Keller teilte mit, er habe sich „mutigere Öffnungsschritte
       gewünscht“. Koch verlangte: „Die Verantwortlichen in den Landesregierungen
       dürfen unsere Vereine jetzt nicht im Regen stehen lassen, sondern müssen
       klar und unmissverständlich formulieren, was in welcher Form für das
       Fußballtraining erlaubt ist.“ Die Fußballbosse spüren mehr als ein Grummeln
       im Amateurlager.
       
       Die in einigen Bundesländern erlassenen Vorgaben klingen für den Fußball
       reichlich kompliziert. Spötter meinen, eher könnten die F-Junioren „mit
       einem asymmetrischen Linksverteidiger und einem breitziehenden linken
       Zehner“ spielen – eine Anlehnung an die [2][Matchplan-Erklärung] des
       Nürnberger Trainers Robert Klauß –, als dass die amtlichen Anordnungen
       verstanden würden.
       
       Neuerdings heißt es: Eine Region oder ein Land kann ab Montag den
       Freiluftsport für Kinder bis 14 Jahre, also auch Fußball, für Gruppen bis
       höchstens 20 Kindern bei einer stabilen Inzidenz von 100 oder weniger
       erlauben. Das ist gut, aber der nächste Öffnungsschritt – frühestens ab dem
       22. März – ist bei derselben Inzidenz nur möglich, wenn für alle
       Erwachsenen und ab Ü15 ein tagesaktueller Schnell- oder Selbsttest
       vorliegt. Wer soll den bezahlen? Wer soll das überprüfen? Rätselraten.
       
       ## „Hochgradiger Irrsinn!“
       
       Viele Fußballer hatten eingedenk der heiklen Infektionslage und des harten
       Winters für die Zwangspause ja noch Verständnis, aber insgeheim im Frühjahr
       auf eine Rückkehr wenigstens zum Trainings- und Spielbetrieb des
       vergangenen Sommers gehofft, als Eltern ihre Kinder bereits umzogen und zum
       Training brachten oder Erwachsene aufs Duschen im Vereinsheim verzichteten.
       
       Nun entlädt sich auf Kochs Plattform einiges an Frust. „Bei Inzidenzwerten
       wie derzeit in Hof, Kulmbach, Wunsiedel und Tirschenreuth rollt demnach in
       diesem Jahr dort kein Ball mehr, wohingegen in Schweinfurt quasi lustig
       drauflos gekickt werden kann. Das ist natürlich auch Strategie“, schreibt
       Franz Neumeister. Und Franz Bauhuber bemerkt: „Das was da angeboten wird
       von der Regierung, Herr Koch, ist hochgradiger Irrsinn! Was ist den
       Vereinen und unserer Nachwuchsarbeit damit geholfen?“ Er habe bis zur
       Schließung im November als Schiedsrichter mehr als 30 Spiele geleitet – und
       ihm sei kein einziger Coronafall bekannt.
       
       Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer hatte für den DFB zuletzt aus einer
       Studie zitiert, bei der mehr als 750 Partien aus dem Profi- und
       Amateurbereich mit mindestens einem coronaverdächtigen Spieler untersucht
       wurden – und in den entsprechenden Mannschaften seien danach keine weiteren
       Verdachtsfälle festgestellt worden. Der DFB sandte zudem einen offenen
       Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Sport als Teil der Lösung zu
       betrachten. Darin steht auch: „Der Bewegungsmangel und die fehlenden
       sozialen Kontakte im Verein während des zweiten Lockdowns haben
       nachweislich dazu beigetragen, dass über 30 Prozent der Kinder- und
       Jugendlichen während der Pandemie psychische Auffälligkeiten aufweisen.“
       
       Der DFB hat zudem eine bundesweite Umfrage getätigt, um den
       Befindlichkeiten nachzuspüren. Die detaillierten Ergebnisse stellen Keller
       und Koch am Montag auf einer digitalen Pressekonferenz gemeinsam vor.
       Allein die Teilnehmerzahl macht die Dringlichkeit des Themas deutlich: mehr
       als 100.000.
       
       5 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/rainer.koch.12
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=8Jw_U2C7weA
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Sport trotz Corona
 (DIR) Deutscher Fußballbund (DFB)
 (DIR) Lockdown
 (DIR) Fußball
 (DIR) Fußball
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
 (DIR) Schwerpunkt Sport trotz Corona
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Regionalliga
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Buch über Fußballprofi im Lockdown: In Zeiten des Stillstands
       
       Paul Lasne, Fußballprofi bei Stade Brest, hat über seine Erfahrungen mit
       dem Lockdown geschrieben. Sein Bericht ist poetisch und intim, fast frei
       von Fußball.
       
 (DIR) Chaos im Deutschen Fußball-Bund: Durchstechen statt kicken
       
       Die DFB-Führung zerlegt sich gerade. Es wird gepetzt und beleidigt. Da
       bleibt natürlich keine Zeit, Ideen für den Fußball der Zukuft zu
       entwickeln.
       
 (DIR) Kindersport in der Pandemie: Ansteckende Zweifel
       
       Der Bundestag verhandelt über ein Verbot von Kinder-Teamsport bei zu hohen
       Coronazahlen. Ein Umdenken der Regierungsparteien deutet sich an.
       
 (DIR) Beschlüsse von Bund-Länder-Treffen: Mal wieder planlos
       
       Die Bund-Länder-Runde sendet mit den Lockerungen ein völlig falsches
       Signal. Sie erfindet zu lasche Grenzwerte, um den Menschen eine Perspektive
       zu geben.
       
 (DIR) Professionalität der 4. Fußballliga: Corona wirft Schlüsselfrage auf
       
       Amateur oder Profi? Die coronabedingte Schlüsselfrage fördert recht
       unterschiedliche Perspektiven auf die Fußball-Regionalligen zutage.
       
 (DIR) Lockerung der Corona-Verordnung: Volltreffer für den Sport
       
       Verstöße gegen die Abstandsregelung würden nicht länger geahndet, sagt
       Sportsenator Geisel (SPD). Der Senat soll nun die Coronaverordnung ändern.