# taz.de -- „Tatort“ aus Norddeutschland: Gurkenquatsch mit Wasser
       
       > Schalten sie den Ton aus, genießen sie die Dünenlandschaft. Das Meer. Den
       > Strand. Denn der Rest dieses Norderney-Krimis ist kaum auszuhalten.
       
 (IMG) Bild: Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) mit seiner Ex-Affäre (Franziska Hartmann)
       
       Hat mal irgendwer gezählt, wie oft in den x-tausend deutschen
       Nordseefernsehkrimis jemand im Watt umkommt? Wenn einem beim aktuellen Fall
       sofort der olle Stoever einfällt, als das Wasser steigt – „Tod auf
       Neuwerk“, 1996 –, sagt das viel über die eigene TV-Sozialisierung. Die Flut
       ist so verdammt erwartbar als dramatisches Element. Und damit wirkungslos.
       
       Die „Tödliche Flut“ kommt in der Folge als Finale. Auch der Rest: nur
       Gurkenquatsch. Eine alte Affäre von Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring)
       taucht auf, eine Journalistin, sie erzählt von fadenscheinigen Geschäften
       rund um Neubauten auf Norderney (ja, nach vergangenem Sonntag gleich wieder
       ein Immobilienfall), sie habe recherchiert, sie fühle sich verfolgt, die
       Inselpolizei sei zu parteiisch, er möge ermitteln. Er wehrt ab.
       
       Nachts ruft sie ihn an, es sei jemand bei ihr eingebrochen, das Gespräch
       bricht ab. Nächste Szene: Falke und Kollegin Grosz (Franziska Weisz)
       unterwegs zu jener Affäre Imke (Franziska Hartmann) auf Norderney. Sie hat
       Würgemale am Hals. Und einer der Bauprojekt-Akteure liegt tot in seinem
       Fitnesskeller neben dem Trimm-dich-Rad.
       
       Es ist kaum auszuhalten. Allein, wie Drehbuchautor David Sandreuter und
       Regisseur Lars Henning (2017 gefeiert für sein Kinodebüt „[1][Zwischen den
       Jahren]“) diese Journalistin zeigen: Frau in den 40ern, Dreads, Undercut,
       Minipony, war als Kriegsreporterin in Afghanistan, im Kongo, bezeichnet
       sich selbst als „coole investigative Journalistin“. Aber recherchiert
       nicht, stellt unbegründete Behauptungen auf, agiert nur nach Gefühl, fühlt
       sich als Teil des [2][Teams Falke/Grosz]. Waren wir nicht längst weiter,
       als absurde Pressestereotype fortzuschreiben?
       
       Der gute Rat wäre: Schalten Sie den Ton aus. Genießen Sie die
       Dünenlandschaft. Das Meer. Den weiten Strand. Den Blick auf den Horizont.
       Wie sich die Wolken übers Wasser stapeln. Wie die Wellen sanft an den
       Strand spülen und sich kräuselnd wieder zurückziehen. Die Autofährfahrten,
       wo einem an der Reling der Wind den Kopf durchbläst. Kurz vor Schluss, so
       scheint es, gibt es eine extralange Einstellung auf die Farbblöcke
       Himmelblau, Wasserblau, Strandbeige. Weil klar ist, wie nötig wir alle die
       Weite gerade haben. Das Gefühl von Urlaubspanorama. Dazu der Duft von Salz.
       
       Allerdings hat der Rat einen Haken: Sie hören die Musik nicht. Und der
       eigens komponierte Soundtrack, eingespielt von der NDR-Radiophilharmonie,
       ist wirklich allerbester Kinobombast. Nur der Text dazwischen stört.
       
       24 Jan 2021
       
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 (DIR) Anne Haeming
       
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