# taz.de -- Doppelentlassung bei Hertha BSC: Es Preetz nicht mehr, endlich
       
       > Der Big City Club entlässt Manager Michael Preetz und Trainer Bruno
       > Labbadia. Kann Pal Dardai Hertha retten oder braucht es einen Impfstoff?
       
 (IMG) Bild: Kein heller Schein: Bruno Labbadia muss Hertha BSC verlassen
       
       Anfang 2020 gab die Johns-Hopkins-Universität das jährliche Ranking heraus,
       in dem sie untersucht, welche Staaten am besten auf eine Pandemie
       vorbereitet sind. Auf Platz 1 standen die USA. Donald Trump wedelte im
       Frühjahr noch stolz damit herum. Das Ergebnis ist bekannt: Mit Abstand die
       meisten Infektionen und Todesfälle.
       
       Beste Voraussetzungen, und dann alles total versemmelt – davon kann auch
       Hertha BSC ein Lied singen. Aus Platzgründen bedecken wir die
       Fehlleistungen der letzten circa 60 Jahre mit dem gnädigen Mantel der
       Geschichte und beschränken uns auf die letzte und die aktuelle Spielzeit:
       In der Saison 2019/20 lag Hertha nach dem 20. Spieltag auf Platz 13. Nicht
       schön für alle, denen das Schicksal ausgerechnet die [1][Hertha als
       Lieblingsverein] zugeteilt hat. Immerhin gab es Hoffnung: Beim Blick auf
       Tabelle und die nächsten Spiele glaubte man zuerst an einen
       Copy-and-paste-Fehler – und frohlockte. Denn hinter der Hertha standen
       Köln, Mainz, Bremen, Düsseldorf und Paderborn. Und die nächsten fünf Gegner
       waren exakt diese fünf Mannschaften.
       
       Die Aufholjagd lief super: 1:3 gegen Mainz, 2:1 in Paderborn, 0:5 gegen
       Köln, 3:3 in Düsseldorf, 2:2 gegen Bremen. Stand danach: Platz 13.
       
       Sprung zum 11. Spieltag dieser Saison, die ja unter völlig anderen
       Voraussetzungen stand. Anderer Trainer, viel Geld, neue Spieler. Ein Freund
       schreibt mir damals, er sehe angesichts der Cunhas und Guendouzis und
       Piateks Hertha am Saisonende in der Europa League. Aber am 11. Spieltag lag
       die Hertha nur auf Platz 11. Und doch gab es wieder Hoffnung auf eine
       Aufholjagd. Der Copy-and-paste-Fehler funktioniert saisonübergreifend:
       Diesmal hat Hertha vom Spieltag 12-18 sogar exakt alle sieben Mannschaften
       vor der Brust, die hinter ihr stehen. Das Ergebnis der Aufholjagd: 0:0
       gegen Mainz, 1:4 in Freiburg, 3:0 gegen Schalke, 0:1 in Bielefeld, 0:0 in
       Köln, 0:3 gegen Hoffenheim, 1:4 gegen Bremen. Platz 14.
       
       ## Hybris ohne jede Grundlage
       
       Den vielen Hertha-Hassern sei die Schadenfreude gegönnt. Als Fan fühlt man
       sich an die HSV-Anhänger der Jahre 2013 bis 2018 erinnert, die mit
       perverser Sehnsucht darauf warteten, dass das Seil, an dem der HSV über dem
       Abgrund baumelte, doch endlich reißen möge, damit die Quälerei mal vorbei
       wäre.
       
       Und sicher bildet Herthas ewiges Verfehlen der eigenen Ziele auch eine
       Gemeinsamkeit mit dem Größenwahn des HSV: Die Hamburger waren und sind noch
       in ihrer dritten Zweitligasaison heimlich der Überzeugung, dass sie
       eigentlich in die Champions League gehören. Aber beim HSV hat diese Hybris
       wenigstens eine historische Grundlage – sie haben 1983 gegen Juve den
       Europapokal der Landesmeister gewonnen und im September 2000 demselben
       Gegner eine legendäre 4:4-Schlacht geliefert. In der Champions League.
       
       Herthas Champions-League-Ruhm hingegen liegt im Nebel des Vergessens; die
       Bezeichnung „Big City Club“ ist nicht viel mehr als eine Anmaßung. Aber sie
       haben doch so tolle Spieler geholt. Immer wieder – und speziell für diese
       Saison. Wie also kann es sein, dass sie so regelmäßig versagen? Ob es
       wirklich an der fehlenden Statik der Mannschaft liegt oder am
       [2][Kurzstrecken-Motivator Bruno Labbadia], mögen Leute mit mehr Expertise
       beurteilen. Aber offensichtlich scheint, dass Spieler, die zu Hertha
       kommen, seit vielen Jahren jeden Tag ein bisschen schlechter werden. Das
       begann lange bevor Jürgen Klinsmann kam, der dieses Ziel einst bereits beim
       FC Bayern erreicht hat.
       
       In den Räumen des Vereins und im zugigen Olympiastadion hat sich ein Virus
       eingenistet, das den Charakter befällt und irreparable Langzeitschäden
       verursacht. Um es zu vertreiben, genügen wohl weder der jetzt endlich
       erfolgte Rausschmiss von Labbadia und „Geschäftsführer Sport“, Michael
       Preetz, noch der aktuelle Sponsor. Dafür braucht es eher einen Sturmhorst.
       Oder vielleicht einen Impfstoff? Johns Hopkins, hilf!
       
       24 Jan 2021
       
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 (DIR) Oliver Domzalski
       
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