# taz.de -- Katholische Kirche in Belarus: Der aufmüpfige Erzbischof geht
       
       > Der regierungskritische belarusische Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz
       > räumt seinen Posten. Viele vermuten hinter der Entscheidung Druck des
       > Regimes.
       
 (IMG) Bild: Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz vor seiner Rücktrittsankündigung
       
       Mönchengladbach taz | Tadeusz Kondrusiewicz ist seit Sonntag Erzbischof im
       Ruhestand. Der umtriebige belarusische Würdenträger hat Papst Franziskus
       pünktlich zu seinem 75. Geburtstag seinen Rücktritt angeboten und dieser
       hat das Gesuch angenommen. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob das Alter der
       wahre Rücktrittsgrund ist. BewohnerInnen von Minsk sehen hinter dieser
       Entscheidung eher Präsident Alexander Lukaschenko.
       
       Auch wenn die Katholiken in Belarus nur 15 Prozent der Bevölkerung
       ausmachen, sind sie doch in der Gesellschaft nicht weniger präsent als die
       orthodoxen Christen. Die katholischen Kirchen sind in der Regel voller als
       die orthodoxen, häufig müssen Gläubige dem Gottesdienst von der Straße aus
       beiwohnen. Das liegt auch an der Popularität von Kondrusiewicz. Als
       Hausherr der Roten Kirche auf dem zentralen Minsker Unabhängigkeitsplatz
       ist Kondrusiewicz für Lukaschenko ein rotes Tuch. Immer wieder [1][hat die
       Rote Kirche Demonstrant*innen ihre Pforten geöffnet] und sie so vor
       Schlagstöcken und Festnahmen geschützt.
       
       Für Lukaschenko war das zu viel der Provokation. Als Kondrusiewicz, der die
       Proteste gegen Lukaschenko seit August unterstützt hatte, im September nach
       einem Polen-Besuch nach Belarus zurückkehren wollte, wurde ihm die Einreise
       verwehrt. Kondrusiewicz ist zwar belarussischer Staatsbürger, doch auf die
       Frage, welche Nationalität er habe, antwortet der Geistliche: Er sei von
       der Nationalität Christ.
       
       Bei der Christmette, die er [2][nach seiner Rückkehr im Dezember] in der
       Roten Kirche zelebriert hatte, seien ihr die Tränen gekommen, berichtet die
       Ingenieurin Alla Kondratiewa telefonisch der taz. Zum ersten Mal seit
       Jahren war die Messe 2020 nicht im staatlichen Fernsehen übertragen worden.
       Das spricht für die Angst der Machthaber vor dem Erzbischof.
       
       ## Zwei Kindheitsträume
       
       Kondrusiewicz, in einer polnischen Familie im Westen des Landes
       aufgewachsen, erfüllte sich zwei Kindheitsträume: Naturwissenschaftler und
       Priester zu werden. Zunächst studierte er Physik, Mathematik und
       Maschinenbau in Grodno und Leningrad. Dann schrieb er sich im katholischen
       Priesterseminar im litauischen Kaunas ein, das er 1981 abschloss.
       
       Als Ingenieur war er in den 70er Jahren in der Automobilindustrie tätig,
       nach seiner Priesterweihe am 31. Mai 1981 diente er in Litauen, Belarus und
       Russland. Von 1999 bis 2005 saß er der katholischen Bischofskonferenz
       Russlands vor. Nach 2007 arbeitete er in Belarus und war seit 2015
       Vorsitzender der belarussischen Bischofskonferenz.
       
       In der katholischen Kirche gehört Kondrusiewicz zum konservativen Flügel,
       der ein Priesteramt für Frauen ablehnt. Begründung: Jesus habe sich ja auch
       Männer als Apostel auserwählt. Bernhard Clasen
       
       4 Jan 2021
       
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