# taz.de -- Journalisten in Belarus: Orden oder Knast
       
       > Loyalität wird belohnt, Kritik am Regime Lukaschenkos hart bestraft. Olga
       > Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 53.
       
 (IMG) Bild: Brüssel: Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in Belarus am 17.01.2021
       
       Am Fenster Dreikönigsfröste. In einigen Regionen herrschen nachts bis zu 30
       Grad Frost, an manch sonnigem Sonntag zeigt das Thermometer in der
       Hauptstadt Minsk minus 17 Grad. Warum schreibe ich hier über das Wetter?
       
       Trotz niedriger Temperaturen gingen die mutigen Belarussen, wie seit fünf
       Monaten schon, auch am vergangenen Sonntag wieder in kleinen Gruppen und
       verschiedenen Stadtteilen von Minsk auf die Straße, um gegen die
       Staatsmacht zu demonstrieren. Sie hatten sich warm angezogen, trugen
       riesige gestrickte Schals, Pelzhandschuhe sowie Flaggen und Plakate.
       
       Wenn du so etwas aus dem Fenster eines beheizten Busses siehst, füllen sich
       deine Augen mit Tränen. Denn die Protestierenden sind am Ende ihrer Kräfte.
       An den Demonstrationen nehmen die Hartnäckigsten teil – diejenigen
       Belarussen, die bislang weder durch eine Festnahme noch den Verlust ihres
       Arbeitsplatzes gebrochen wurden.
       
       In der vergangenen Woche erreichten uns zwei unangenehme Nachrichten. Der
       Journalist einer unabhängigen Nachrichtenagentur Andrej Aleksandrow und
       seine Freundin wurden in Untersuchungshaft genommen. Angeblich sollen sie
       die Proteste finanziell unterstützt und geholfen haben, Strafen von
       Demonstranten zu begleichen.
       
       „Wenn das so ist, respektiere ich meinen Kollegen noch mehr“, kommentierte
       eine Journalistin die Nachricht auf ihrer Seite.
       
       Seit der Präsidentenwahl [1][werden Journalisten in Belarus festgenommen],
       Akkreditierungen entzogen, und Medien wird ihr Status aberkannt.
       Journalisten werden zusammengeschlagen und mit Strafverfahren überzogen.
       Die Bilanz für 2020: 477 Festnahmen von Journalisten, Geldstrafen in Höhe
       von umgerechnet 20.000 Euro.
       
       97 Mal saßen Journalisten Arreststrafen ab, neun Medienvertreter sitzen
       derzeit in Untersuchungshaft, gegen sie laufen Strafverfahren. Die Leute
       schmoren im Gefängnis, weil sie ihren Job gemacht haben. Wie heißt es bei
       uns so schön: Wo ein Mensch ist, wird sich für ihn schon eine juristische
       Vorschrift finden lassen. Alle abweichenden Meinungen werden durch
       Repressionen unterdrückt.
       
       Am 11. Januar 2021 unterzeichnete Alexander Lukaschenko eine Verordnung
       über die Verleihung von Orden und Medailien an Mitarbeiter staatlicher
       Medien. Darunter war auch eine Reihe von Medienvertretern, die qua Statut
       dem Präsidenten unterstellt sind. Lukaschenko empfing alle im großen Saal
       seiner Residenz. Es gab ein großes Konzert mit Schlagersternchen
       belarussischer und russischer Bühnen sowie ein Buffet.
       
       Die Medailie „für Mut“ wurde beispielsweise dem 25jährigen Grigori Asarenok
       verliehen. Er arbeitet für den staatlichen Fernsehkanal STW und
       verantwortet dort das Programm „Geheime Quellen der Politik 2020“. Im
       vergangenen Frühjahr sagte er in einem seiner Beiträge, Covid-19 sei eine
       biologische Waffe des Westens gegen seine Feinde.
       
       Im Großen und Ganzen sind seine Äußerungen nach Memes sortiert. Darunter
       gibt es wenig Ethisches und viel Diskriminierendes. Er kann es sich
       erlauben, Protestierende mit dem Teufel und dem Satan zu vergleichen. Und
       diejenigen, die das Propagandaschiff verlassen haben, als Verräter zu
       verunglimpfen.
       
       Früher, während des Krieges, wurden solche Auszeichnungen Helden zuteil,
       und das war ein besondere Ehre. Niemand hat verstanden, wofür dieser
       Journalist die Auszeichnung erhalten hat.
       
       Auf Facebook kursiert folgender Witz: Die Leute, die Lukaschenko
       auszeichnet – das ist für Europa und den Westen schon eine fertige
       Sanktionsliste. Übrigens, der oben genannte Journalist wird nicht nach
       Europa reisen können.
       
       Es gab auch eine gute Nachricht. Bekannte Firmen für Kosmetik, Autos und
       Uhren haben angekündigt, sich als Sponsoren der
       [2][Eishockey-Weltmeisterschaft] zurück zu ziehen, sollte sie in Belarus
       stattfinden. (Belarus wurde die Austragung des Wettbewerbs in dieser Woche
       entzogen, Anm. d. Red.).
       
       Am Tag der Ankündigung kauften die Belarussen Unmengen von Cremes für sich
       und als Geschenk. Aus Dankbarkeit für diese Nachricht starteten sie einen
       Flashmob. Die Firmen machten an diesen Tagen gute Kasse. So jedenfalls
       scheint es, wenn ich mir die Bilder in den sozialen Netzwerken anschaue.
       
       Aus dem Russischen von Barbara Oertel
       
       22 Jan 2021
       
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