# taz.de -- USA, Ramelow und Tief „Ahmet“: Immer schön schuften
       
       > Während in den USA das Kapitol gestürmt wird, entfacht in Deutschland
       > endlich die Debatte um die Regulierung der Freizeit während Corona.
       
 (IMG) Bild: Stacey Abrams bei einem Presse-Statement
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Präsident Trump entscheidet noch immer über
       Atomwaffeneinsatz.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Gewaltfreies Lächeln, damit er geht.
       
       Vergangene Woche haben rechtsextreme [1][Trump-Anhänger das Kapitol
       erstürmt]. Letztes Aufbäumen oder Beginn eines Bürgerkriegs? 
       
       Die Ära Trump hat Checks and Balances und das Gewaltmonopol des Staates
       ramponiert. Am derzeitigen Ende obsiegen Checks, Balances, Gewaltmonopol.
       Ambivalenter geht’s nicht.
       
       Der Erfolg der Demokraten im eigentlich republikanischen Georgia wird einer
       Wahlkämpferin namens Stacey Abrams zugeschrieben. Was können wir von ihr
       lernen? 
       
       Abrams flötete verzagte Nichtwähler durchs Gestrüpp von Registrierung,
       Schikanen und Barrieren an die Urnen. Überspitzt gesagt, kann sich im
       US-Wahlrecht die Regierung ihre Wähler aussuchen. Paradox: Abrams Erfolg
       zeigt, dass dies Wahlsystem reformiert werden sollte – nachdem es dank
       Abrams gerade wieder funktioniert hat.
       
       RTL will den Wendler aus abgedrehten Folgen von „Deutschland sucht den
       Superstar“ rausschneiden. Der Schlagersänger hatte Verschwörungen
       verbreitet und den Holocaust relativiert. Lieben Sie nicht auch die Magie
       der Post-Production? 
       
       Und fertig abgedreht wirkt Wendler ja nun wirklich. Bei 12 Folgen darf man
       von einer solide siebenstelligen Summe ausgehen, die RTL wegschmeißen
       müsste – und ein Mehrfaches dessen an Werbeeinnahmen. Also ist der große
       Pixel-Blurr-und-Piepton-Spaß erst mal Notwehr gegen ein finanzielles
       Fiasko. Doch dabei entsteht die neue Kunstform „visuelle Amputation“. Weil
       sich Cutter und Redaktion einen Spaß draus machen, so knallalbern wie
       möglich im Material zu metzgern. Man wird das bei künftigen Staffeln
       vermissen.
       
       Allmählich gibt es Debatten darüber, warum in der Pandemie Freizeit und
       Schule so streng reglementiert werden, [2][nicht aber die Lohnarbeit]. Wäre
       Ihnen das früher aufgefallen? 
       
       Musste. In meiner Firma sind wir mit Homeoffice, Kurzarbeit, Einzelbüros,
       AHA-Regeln und Schnelltest bisher mit null Infektion durchgekommen.
       Vermutlich Glück, kontrolliert hat’s niemand und mich haben auch keine
       empörten Eltern von Mitarbeitern angerufen. Als die deutsche Wirtschaft im
       dritten Quartal 20 ein Wachstum von 8,2 Prozent einfuhr, war die
       Aufgabenteilung offenbar: soziale Kontakte vermeiden, und im Job hat man
       zwar Kontakte, das ist aber wirklich nicht sozial. Banal: Freizeit und
       Schule kann man gratis runterfahren; Industrie, Handwerk, Handel japsen
       schon jetzt nach mehr Staatskohle. Ein konsequenter Wirtschafts-Lockdown
       vervielfacht den Lobbydruck gegen die Pandemiepolitik.
       
       Bodo Ramelow gesteht ein, die Coronakrise unterschätzt zu haben, und
       fordert, die „Wirtschaft in eine Pause zu schicken“. Kommen die anderen
       Ministerpräsident:innen auch noch zur Vernunft? 
       
       Ramelow hat’s schlimm erwischt. Er „ärgere sich über sich“, „die Kanzlerin
       hatte Recht, und ich hatte Unrecht“. Selbstkritik, ein schlimmer Anblick,
       doch keine Sorge, Inzidenz dieses Virus im Kreis der MPs gleich null.
       
       Der Buchhandel schließt 2020 mit einem Minus von knapp 9 Prozent ab. Haben
       wir die Krise doch nicht genutzt, um „mal mehr zu lesen“? 
       
       Ja, die Umsatzzahlen von Amazon. Rechnet man den E-Commerce in den
       Buchverkauf mit ein, beträgt der Schwund nur noch 2,3 Prozent. Und lässt
       ahnen, wie Literaturkompetenz von Buchhändlerin zu Paketbote umverteilt
       wird gerade.
       
       Hoch- und Tiefdruckgebiete in Deutschland tragen dank der Neuen Deutschen
       Medienmacher*innen nun migrantische Namen. Hat Tief „Ahmet“ Ihnen Schnee
       gebracht oder bloß Regen? 
       
       2020 – vor der Aktion – hießen sie bereits türkisch Yadigar, persisch
       Keywan, hebräisch Yoann, seit 1998 wird korrekt gegendert im jährlichen
       Wechsel. Also ein gelungener Versuch, mit einem alten Hut Schönwetter zu
       machen für die gute Sache. 2021 trägt das schöne Wetter Frauennamen, und
       weil Hochdruckgebiete seltener und länger sind, kosten die Patenschaften
       299 Euro statt 199 für schäbiges Jungswetter. Ahmet brachte „sulu kar“.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Keine Fans, Niederlagen, Titel futsch – ich wollte mir gerade ein neues
       Hobby zulegen, da dreht sich alles. Sieg gegen die Dosen, Bayern verliert,
       haaach. Es ist eine komplizierte Beziehung.
       
       Fragen: pwe, cas
       
       10 Jan 2021
       
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