# taz.de -- Russlands Präsident zum Fall Nawalny: Fahrig gegen den „Blogger“
       
       > Bei seiner jährlichen Pressekonferenz äußert sich Russlands Präsident
       > Wladimir Putin zur Vergiftung des Oppositionellen Nawalny. Er wiegelt ab.
       
 (IMG) Bild: Maskiert: Polizeistreife in der Nähe des Kreml
       
       Moskau taz | Knapp 800 Journalisten hatten sich für die
       Jahrespressekonferenz des Kreml am Donnerstag akkreditieren lassen. Wegen
       der Pandemie mussten Ort und Umfang verändert werden. Lediglich die Hälfte
       der journalistischen Gemeinde nahm teil. Doch auch sie versammelte sich aus
       Furcht vor Ansteckungen an verschiedenen Orten. Kremlchef Wladimir Putin
       meldete sich über Video aus der Residenz in Nowo-Ogarjowo vor den Toren
       Moskaus zu Wort.
       
       In diesem Jahr war das Treffen eine Mischung aus Pressekonferenz und der
       Sendung „Direkter Draht“, in der sich der Präsident einmal jährlich den
       Fragen ausgesuchter Bürger stellt. Sie war im vergangenen Frühjahr wegen
       des Lockdowns ausgefallen.
       
       Putin beherrscht beide Formate aus dem Effeff. Die positiven
       Wirtschaftsdaten, mit denen der Präsident die Zuschauer gewöhnlich
       beruhigt, wurden weitestgehend durch [1][den Kampf gegen die Pandemie]
       ersetzt. Auch da konnte sich Moskau sehen lassen, fand Putin.
       
       „Wir haben schnell auf das Problem reagiert.“ Innerhalb kürzester Zeit
       seien 150.000 Ärzte und 500.000 medizinische Hilfskräfte umgeschult worden.
       Auch die Schwierigkeiten mit fehlender Schutzkleidung hätten sich geklärt.
       Schnelle Mobilmachung habe sich ausgezahlt, lobte Putin die Beamtenschaft.
       
       ## Besser als die Konkurrenz
       
       Nicht zuletzt zeige sich die Effektivität auch in der Herstellung des
       Covid-Impfstoffs, den Russland als erstes Land registrieren ließ. Im
       Klartext hieß dies, unter seiner Führung machte das Land einen
       hervorragenden Job, besser als die Konkurrenz. Auch dies nur eine Variation
       des älteren Themas. Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.
       
       Allerdings hat sich der Kremlchef noch nicht impfen lassen. „Ich bin ein
       gesetzestreuer Mensch. Ich mache das, sobald es möglich ist“, sagte Putin.
       Noch sei der Impfstoff Sputnik V für Menschen über 60 Jahre nicht geeignet.
       
       Nach einer Stunde ging der Präsident auch auf die Berichte ein, die seit
       Wochenbeginn in Russland besonderes Interesse hervorrufen. Nach Recherchen
       von Bellingcat und The Insider, sowie des US Senders CNN und dem Spiegel
       war im August auf [2][den Oppositionellen Alexei Nawalny] von einer Gruppe
       von FSB-Geheimdienstlern ein Anschlag verübt worden, um ihn mit dem
       Nervenkampfstoff Nowitschok auszuschalten.
       
       Nun legten die Rechercheure auch die Klarnamen der Agenten vor. Daraufhin
       sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow die üblichen Pressetermine diese Woche
       ab. Putin versuchte unterdessen den „Berliner Patienten“ oder den
       „Blogger“, wie er den Oppositionellen nennt, unglaubwürdig zu machen, ohne
       ihn beim Namen zu nennen. Die Enttarnung der Agenten dürfte im Umfeld des
       Präsidenten zu Verwerfungen geführt haben.
       
       ## Nicht originell
       
       Die Argumentationslinie des Kreml war nicht originell. Hinter allem stünden
       die US-Geheimdienste, so der Kremlchef. Sie hätten dem „Blogger“ geholfen,
       russische Agenten zu belasten. Nawalny behauptete, telefonische
       Verbindungsdaten und Reisetickets von FSB-Mitarbeitern stammten aus
       Dateien, die auf dem russischen Schwarzmarkt erhältlich seien.
       
       Putin hakte das Thema ab, er wirkte jedoch fahrig. Wer solche Datensätze
       hätte, „den müssen Geheimdienste beobachten“ meinte er. „Aber das heißt
       nicht, dass man ihn vergiften muss.“ „Patient“ Nawalny wertete Putins
       Äußerungen bereits als Eingeständnis.
       
       Ob der Kremlchef nicht auch für den bedauerlichen Zustand der
       internationalen Beziehungen Verantwortung trage, wollte ein
       BBC-Korrespondent wissen? Putin zögerte nicht lange: Im Vergleich zum
       Westen sind wir harmlose Kuscheltiere.
       
       17 Dec 2020
       
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