# taz.de -- Spitzenspiel der Bundesliga: Wo’s bei Bayern fehlt
       
       > Das 3:3 von RB Leipzig in München offenbart eine Schwäche des Meisters.
       > In der Abwehr zeigen sich die Folgen der Dauerbelastung.
       
 (IMG) Bild: Noch mal Glück gehabt: Thomas Müller bejubelt das 3:3
       
       Es gibt viele Tabellen, die Statistikprogramme nach jedem
       Bundesligaspieltag generieren. Die der besten Heim- und
       Auswärtsmannschaften zum Beispiel. Da liegt der FC Bayern weit vorne,
       natürlich. Oder die Rangliste der treffsichersten Teams. Mit 34 Toren ist
       der Triple-Sieger einsame Spitze.
       
       Aber da ist auch die Tabelle, in der die Münchner irgendwo im Mittelfeld
       rangieren, hinter Union Berlin oder dem FC Augsburg und nur knapp vor dem
       1. FC Köln. Es geht um Gegentreffer. „Wir haben die Tore zu leicht
       bekommen“, räumte Hansi Flick nach dem 3:3 am Samstag gegen RB Leipzig an.
       Wieder einmal, hätte der Bayern-Trainer anfügen können.
       
       Vor Christopher Nkunkus 1:0 war die Abwehr weit aufgerückt und konnte nach
       Thomas Müllers Fehlpass am gegnerischen Strafraum leicht mit zwei Pässen
       überlaufen werden. Bei Justin Kluiverts Treffer zum 2:2 und bei Emil
       Forsbergs Kopfball zum 3:2 hielten sich die beiden Innenverteidiger zwar im
       Strafraum auf, aber nicht in der Nähe des jeweiligen Schützen. „Wir haben
       im Moment ein paar Problemchen“, gibt Thomas Müller zu. Und die offenbaren
       sich eben gegen eine Mannschaft wie Leipzig, die [1][auf Augenhöhe agiert].
       
       Insgesamt musste Münchens Torhüter Manuel Neuer in dieser Saison bereits 16
       Mal hinter sich greifen. Zwar hatten die Bayern auch in den ersten zehn
       Spielen der vergangenen Saison so viele Treffer kassiert, aber das war ja
       noch die Vor-Flick-Ära. Nach dem Trainerwechsel gab es noch einmal 16
       Gegentore, allerdings in dann 24 Partien.
       
       ## Viele Umstellungen wegen Verletzungen
       
       Eine Erklärung für Flick sind die vielen Umstellungen aufgrund von
       Verletzungen oder Verletzungsprävention. „In der letzten Saison“, sagt der
       Trainer, „haben wir immer mit der gleichen Viererkette gespielt. Jetzt
       müssen wir das eine oder andere Mal wechseln. Da ist dann die Abstimmung
       nicht ganz so hundertprozentig, wie es sein sollte.“
       
       Nur zweimal stand bisher in der Bundesliga die gleiche Viererkette in der
       Startelf, gegen RB wäre es vermutlich zum dritten Mal passiert, hätte Flick
       nicht kurzfristig Lucas Hernandez ersetzen müssen. Um die Automatismen
       einzustudieren, sagt Flick, „fehlt einfach die Zeit“ angesichts [2][der
       englischen Wochen], die von Spielvorbereitung und Regeneration im
       Trainingsplan geprägt sind. Und es geht ja nicht nur um die Abwehrkette.
       Auch im defensiven Mittelfeld muss Flick ständig rochieren. Nach Joshua
       Kimmich und Corentin Tolisso fällt mit Javier Martinez nun bereits der
       dritte Spieler für die Sechserposition aus.
       
       ## Bis Weihnachten durchschummeln
       
       Aber es ist nicht nur eine Frage der Rotation, sondern auch des Systems.
       „Wir agieren natürlich auch sehr, sehr hoch, dadurch geben wir dem Gegner
       mehr Gelegenheiten“, weiß Flick. Da sei es wichtig, „dass du immer
       nachschiebst“. Das gelingt im Moment nicht ständig, weil zum einen eben das
       blinde Verständnis fehlt und zum anderen die mentale Frische, schnell zu
       reagieren. Mit seinem Trainerteam will Flick überlegen, „ob wir das nicht
       ein bisschen anpassen müssen“.
       
       Für die Bayern heißt es jetzt, sich bis Weihnachten durchzuschummeln. „Wir
       müssen gucken, dass wir die Tabellenkonstellation verteidigen“, sagt Flick.
       Dabei kann er sich auf seine Offensive stets verlassen – und fast immer ist
       es ein anderer Spieler, der besonders hervorsticht. Am Samstag glänzte
       Kingsley Coman auf der Außenbahn und kompensierte den Auftritt seines
       Kollegen Leroy Sané auf der anderen Seite.
       
       ## Jammern auf hohem Niveau
       
       Der Franzose bereitete alle drei Treffer vor. Dazu übernahm Müller die
       Rolle vom gut abgeschirmten Robert Lewandowski als Torjäger. Und mit dem
       17-jährigen Jamal Musiala, der gegen Leipzig in seinem siebten
       Bundesligaspiel bereits zum dritten Mal traf, ist nicht nur bereits aktuell
       eine Alternative für das Mittelfeld herangewachsen. Sondern er ist sogar
       einer, der in nicht mehr ganz so ferner Zukunft eine wichtige Rolle beim FC
       Bayern spielen könnte. Sich da über ein paar Gegentore zu viel zu
       beschweren, klingt fast nach Jammern auf hohem Niveau.
       
       6 Dec 2020
       
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