# taz.de -- Berliner Democrat Abroad zur US-Wahl: „Ich bin sehr nervös“
       
       > Powen Shiah von den Berliner Democrats Abroad verbringt die Nacht der
       > US-Wahl mit Hoffnung und Hotdogs und geht am Mittwoch nochmal
       > demonstrieren.
       
 (IMG) Bild: 21.000 wahlberechtigte Amerikaner*innen leben in Berlin
       
       taz: Herr Shiah, heute Nacht entscheidet sich, ob Donald Trump Präsident
       der USA bleibt oder ob es der Demokrat Joe Biden wird. Wie nervös sind Sie? 
       
       Ich bin sehr unsicher. Zwar liegt Joe Biden in den Umfragen klar vorne,
       doch die Präsidentschaftswahl 2016 hat gezeigt, dass man sich auf Umfragen
       nicht verlassen kann.
       
       Wie viele der US-Bürger*innen in Berlin wählen demokratisch? 
       
       Zum Wahlverhalten gibt es keine Statistik, da die hier lebenden
       US-Amerikaner*innen in der Stadt zur Wahl angemeldet sind, wo sie zuletzt
       in den USA beziehungsweise wo ihre Eltern gelebt haben. Ich vermute aber,
       dass die US-Bürger*innen in Berlin überwiegend die Demokraten wählen.
       
       Warum? 
       
       Weil sie in Deutschland sehen, wie es anders gehen kann. Hier sind die
       Bürger*innen krankenversichert, Bildung ist nicht so teuer. Und die
       Corona-Politik ist besser. Wir haben in den vergangenen sechs Monaten alles
       getan, um die Amerikaner*innen in Berlin zum Wählen zu animieren und so
       Biden zu unterstützen.
       
       Wie haben Sie Wähler*innen mobilisiert? 
       
       Der Wahlkampf lief wegen der Pandemie ganz anders ab als geplant.
       Live-Veranstaltungen mussten wir absagen, die Feier zum Unabhängkeitstag am
       4. Juli auch. Eigentlich wollten wir ein Büro mieten und dort allen
       Amerikaner*innen bei der Registrierung zur Wahl zu helfen. Stattdessen
       haben wir Sprechstunden per Zoom angeboten und auf Facebook und Twitter zum
       Wählen aufgerufen. Um mit den Amerikaner*innen in Kontakt zu bleiben, haben
       wir abends oft ein virutelles Pub-Quiz veranstaltet. Und bei gutem Wetter
       haben wir Infostände auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz aufgebaut, auf
       der Bergmannstraße oder im Park am Gleisdreieck. Die effektivste Methode,
       um Leute zu erreichen, ist aber Phonebanking.
       
       Was ist Phonebanking? 
       
       Wir haben Tausende Mitglieder abtelefoniert und gefragt, ob sie schon den
       Wahlbogen beantragt haben. Diese Methode wirkt für Deutsche eher
       ungewöhnlich, in Amerika ist sie aber üblich.
       
       Wie hoch ist die Wahlbeteiligung der in Berlin lebenden
       US-Amerikaner*innen? 
       
       Sehr gering. In Deutschland leben rund 120.000 wahlberechtigte
       Amerikaner*innen, davon etwa 21.000 in Berlin. Ihre Stimme geben aber
       leider nur zehn bis 15 Prozent ab.
       
       Wieso nur so wenige? 
       
       Höchstwahrscheinlich, weil der Wahlprozess so kompliziert ist. Wer seine
       Stimme abgeben möchte, muss sich vorher zur Wahl registrieren lassen, das
       passiert nicht automatisch. Die Regeln unterscheiden sich von Staat zu
       Staat. Ich zum Beispiel bin in San Francisco zur Wahl angemeldet, weil ich
       dort zuletzt gelebt habe. In Kalifornien darf man den Wahlzettel nicht per
       Mail zurückschicken, sondern nur per Fax oder Brief. In anderen
       Bundesstaaten ist es per Mail erlaubt. In wieder anderen nur per Brief. Und
       dann unterscheiden sich wiederum die Fristen. In manchen Staaten zählt der
       Poststempel, in manchen das Eingangsdatum.
       
       Das klingt wirklich sehr kompliziert... 
       
       Und trotzdem glaube ich, dass diesmal mehr Leute von ihrem Stimmrecht
       Gebrauch machen.
       
       Wieso? 
       
       Die Webseite [1][votefromabroad.org] wurde dieses Jahr in Deutschland fast
       fünfmal so häufig aufgerufen wie noch bei der Präsidentschaftswahl 2016.
       
       Wie schauen Sie heute Nacht die Auszählung der Stimmen? 
       
       Ich treffe mich mit Freund*innen. Wir machen viele verschiedene Hot Dogs.
       In Kalifornien zum Beispiel isst man sie mit Bacon und Avocado, in
       Michigan, wo ich aufgewachsen bin, mit Chillisauce und keingehackten
       Zwiebeln. Später gibt es dann noch Nachos und Popcorn. Die Democrats Abroad
       in Berlin treffen sich heute Abend bei Zoom, 40 Demokrat*innen haben sich
       schon angemeldet. Auch da werde ich mich ab und zu einschalten.
       
       Machen Sie die ganze Nacht durch? 
       
       Bis zwei oder drei Uhr bleibe ich auf jeden Fall wach. Je nach
       Stimmungslage lege ich mich dann ins Bett oder nicht.
       
       Was passiert, wenn Donald Trump wieder gewählt wird? 
       
       Daran möchte ich jetzt noch nicht denken. Wir haben in Berlin wirklich
       alles getan, um Biden zu unterstützen. Meine Hoffnung ist groß, dass er
       gewinnt. Mittwochmittag um zwölf Uhr veranstalten wir eine Demo names
       „Count the Votes“ vor dem Brandenburger Tor. Wir wollen dafür protestieren,
       dass erst jede einzelne Briefwahl-Stimme ausgezählt wird, bevor ein Sieger
       bekannt gegeben wird.
       
       Noch mal ganz konkret: Wie würde sich Ihr Leben in Berlin ändern, würde
       Trump erneut Präsident? 
       
       Wir würden, genauso wie die vergangen vier Jahre auch, weiterhin Widerstand
       gegen Trump leisten, Demos organisieren und auf den drastischen Schaden
       aufmerksam machen, den er in den USA und auf der ganzen Welt verursacht.
       Ich persönlich würde mir extrem Sorgen um die Gesundheit meiner Familie
       machen. Meine Schwester lebt in New York, meine Eltern in Michigan. Die
       Corona-Politik von Trump ist der Horror.
       
       3 Nov 2020
       
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 (DIR) [1] https://www.votefromabroad.org/
       
       ## AUTOREN
       
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