# taz.de -- Einkaufen und Corona: Hamsterkaufliebe
       
       > Wer klug ist, macht jetzt Großeinkäufe. Und wer über Hackenporsches
       > lästert, ist ungefähr so doof wie jemand, der übers sogenannte Hamstern
       > herzieht.
       
 (IMG) Bild: Hackenporsche für die einen, Rentnervolvo für die anderen: Einkaufstrolley
       
       Erst seit zwei, drei Wochen gehen wir miteinander, und ich schwöre: Es ist
       Liebe. Keine „Achterbahn der Gefühle“, sondern ein verlässliches Zockeln,
       Hand in Hand, über alle scheppernden Gehwegplatten hinweg, die zum nächsten
       Penny, Rewe oder Edeka führen. Mein blaugrün karierter Cityflitzer, der
       erste Hackenporsche meines Lebens: „Haini“ heißt er, so steht’s auf seinem
       Etikett, und gemeinsam pflegen wir ein Hobby – Hamsterkäufe, yeah!
       
       Vor Covid-19 wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich mit so einem Ding zu
       zeigen. Ich betrachtete es als den letzten Warnschuss vor dem Rollator.
       Manche sagen „Rentnervolvo“ dazu, andere nennen es „Zwiebelmercedes“ oder
       „Oma-Shopper“, oft kicherte ich überheblich mit. Nun aber sage ich: Wer
       über Hackenporsches lästert, ist ungefähr so doof wie jemand, der übers
       sogenannte Hamstern herzieht.
       
       Was wurde schon gezetert, aus Ministerien und in Leitartikeln, bei Twitter
       und in Talkshows – über eine angebliche Habgier und Ich-zuerst-Mentalität,
       über Menschen, die wegen des Virus wahllos die Regale leer kauften. Die
       Bundesrepublik: ein Land voller verbissener Prepper mit ausgefahrenen
       Ellenbogen und Klopapierfetisch!
       
       Womöglich ist da sogar etwas dran. Mit dem pandemischen Hamstern hat es
       aber nichts zu tun, im Gegenteil: Wer jetzt zu Großeinkäufen einmal die
       Woche neigt, statt alle 36 Stunden „ein paar Kleinigkeiten“ zu besorgen,
       zählt zu den Vernünftigen! Je seltener man seine Aerosole in die
       Gemüseauslage haucht und mit Virusfingern die Sonderangebote begrapscht,
       desto eher senkt man das Infektionsrisiko, für sich und andere.
       
       ## Treppentaugliche Hainis
       
       Der verantwortungsvolle Pandemiemensch kauft selten und vorausschauend ein,
       spart einiges Geld dabei, hat am Ende allerdings zwei- bis viermal so viel
       zu schleppen wie früher. Glücklich, wer so ein Ding sein eigen nennt!
       
       Es muss kein Design-Haini für 80 Euro sein. Meinen fand ich für glatte 10
       in einem Badematten- und Elvis-Kerzen-Laden gleich um die Ecke. Ein Tipp
       noch für Bewohner:innen der oberen Etagen: Es gibt Hainis mit
       treppentauglichen Steigrädern. Man kann die Einkäufe aber auch in
       Stoffbeutel packen und im Haini stapeln. Zu Hause angekommen, trägt man sie
       Stück für Stück nach oben. Und holt dann den Haini hinterher, wischt ihm
       den Straßenstaub vom Pelz, fotografiert ihn, zeigt ihn beim Instagram
       herum, behauptet, er sei todschick und wiederholt das so oft, bis es eines
       Tages wahr wird.
       
       24 Oct 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katja Kullmann
       
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