# taz.de -- Sonnenschirm aus Blattgrün
       
       > Mit Pflanzen bewachsene Netze könnten in Zukunft helfen, die Städte zu
       > kühlen. Die Idee aus Bremerhaven ist nun für den Deutschen
       > Nachhaltigkeitspreis nominiert
       
 (IMG) Bild: Noch ist das Projekt in der Konzeptphase - aber so in etwa könnten die begrünten Netze aussehen
       
       Von Sebastian Krüger
       
       Ein bepflanztes Sonnensegel für die Stadt hat gute Chancen, mit dem
       Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet zu werden. Vier Studierende
       der Hochschule Bremerhaven sind mit ihrem Projekt „Urban Pergola“ für den
       Deutschen Nachhaltigkeitspreis für Forschung nominiert. „Die Nachfrage zu
       nachhaltigen, klimaneutralen Innenstädten ist groß“, sagt Lina Becker.
       Neben ihr wirken Marcel Conrad, Julian Schöne und Sylvan Rentel daran mit.
       Die vier sind zwischen 21 und 24 Jahre alt und studieren Biotechnologie der
       marinen Ressourcen oder Nachhaltige Energie und Umwelttechnik.
       
       Entstanden ist die Idee während eines Ideenwettbewerbs für den
       Nachhaltigkeitspreis, erzählt Becker. Ihre Mitstreiter*innen und sie hatten
       sich angemeldet, ohne sich große Chancen auszurechnen. Die anderen
       Teilnehmer*innen konnten ihr zufolge Doktortitel und aufwendige
       Projektideen vorweisen. Die Bremerhavener*innen dagegen befinden sich
       allesamt noch im Studium und wussten mitten im laufenden Wettbewerb noch
       nicht, was sie präsentieren sollen. „Wir haben nicht die Mittel, mit
       künstlichen Intelligenzen zu arbeiten“, sagt Becker. Eine einfache, schnell
       zu realisierende Idee sollte es also sein.
       
       Während eines Deichspaziergangs kam ihnen der rettende Einfall: Überall
       sind begrünte Dachflächen zu sehen. Aber wäre es nicht auch schön, wenn die
       Insekten dort irgendwie vom Boden hochkommen? Ein Netz für Insekten, ein
       begrüntes Sonnensegel für die Stadt. Die Idee wuchs. Das Netz soll Schatten
       spenden, die Gebäude im Sommer kühlen und Tiere sowie Nutzpflanzen
       beherbergen.
       
       „Urban Pergola“ befindet sich in einem frühen Entwicklungsstadium, ein
       Prototyp existiert noch nicht. Wie genau die Netze beschaffen sind oder
       welche Pflanzen und Tiere auf ihnen leben, hänge stark von den
       Standortfaktoren ab, sagt Becker. Die Region spiele eine Rolle, ebenso die
       Frage, ob es ein Wohnhaus sei oder eine öffentliche Einrichtung. Ist die
       Installation besonders bienen- und insektenfreundlich, fänden dies auch
       kleinere Vögel wie Spatzen gut.
       
       Fest installierte Netze müssten hin und wieder ohne großen Aufwand gepflegt
       und beschnitten werden können. Daneben solle es auch bewegliche geben, die
       im Winter abmontiert werden können. In jedem Fall sollen die Netze
       möglichst pflegearm daherkommen. Öffentliche Grünanlagen würden schließlich
       nicht so intensiv gepflegt wie manch privater Garten. „Es soll nicht
       arbeitsintensiver sein als eine Wildblumenwiese, die einmal im Jahr gemäht
       wird“, betont Becker.
       
       Keine neue Technologie kommt zum Einsatze, nur bereits vorhandene. Die Jury
       des Nachhaltigkeitspreises lobte den Entwurf daher in der Vorauswahl als
       leicht umsetzbar, kostengünstig und flexibel. Vermutlich habe es begrünte
       Netze schon gegeben, aber nicht in dieser Form, sagt Becker.
       „Stahlseilspanner sind nicht neu – wir setzen es nur neu zusammen, sodass
       es vielseitig nutzbar ist.“
       
       Der Preis wird am 4. Dezember in Düsseldorf vergeben. Alle drei nominierten
       Teams stellen ihre Ideen auf dem Kongress noch einmal vor Vertretern aus
       Politik und Wissenschaft vor. Auch Geldgeber und mögliche Projektpartner
       werden vor Ort sein. Bis zum 7. November läuft die Abstimmung darüber, wer
       den Preis erhält. Jede*r darf daran teilnehmen. Auch wenn der
       Nachhaltigkeitspreis nicht nach Bremerhaven wandern sollte, wäre Becker mit
       der Aufmerksamkeit zufrieden, die das Projekt jetzt schon erhält. Aus der
       Bremer Politik hätte es bereits Interesse gegeben. Auch ein umweltbewusster
       Ladenbesitzer habe bereits angefragt, ob er sein Geschäft im Sommer mit
       einem begrünten Netz kühlen könne.
       
       Derzeit beantragen die vier Projektentwickler*innen Fördergelder, um die
       Idee zu konkretisieren. Becker ist optimistisch, dass sie vielleicht schon
       im nächsten Jahr ein Pilotprojekt starten können. „Urban Pergola“ soll fürs
       Erste jedoch ein Nebenprojekt bleiben – zuerst möchten sie noch ihr Studium
       abschließen.
       
       17 Oct 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Krüger
       
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