# taz.de -- Überwachung in Belarus: Das Ministerium droht per SMS
       
       > Darf das Innenministerium Mobilfunkanbieter dazu zwingen, Menschen
       > einzuschüchtern? Janka Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk.
       > Folge 19.
       
 (IMG) Bild: Das Innenministerium versucht die Belarussen via SMS einzuschüchtern
       
       Vor ein paar Tagen erhielt die Mehrzahl der Belarussen eine SMS mit
       folgender Botschaft: „Werte Bürger! Sie wurden wegen Ihrer [1][Teilnahme an
       Massenveranstaltungen] als Störer der öffentlichen Ordnung identifziert.
       Ihre Taten werden auf Fotos und Videos aufgezeichnet. Die besagten
       Veranstaltungen wurden von Menschen organisiert, die beschuldigt werden,
       Handlungen vorbereitet zu haben, die in verstärktem Maße die öffentliche
       Ordnung stören, das heißt ein Verbrechen nach Artikel 324 des
       Strafgesetzbuches der Republik Belarus. Wir möchten Sie persönlich warnen,
       dass die Teilnahme an nicht genehmigten Massenveranstaltungen unzulässig
       ist. Sie haften persönlich dafür, dass Ihre Handlungen mit dem Gesetz in
       Übereinstimmung stehen. Machen Sie keine Fehler.“
       
       Allein die Tatsache, dass solche Drohnachrichten per SMS verschickt werden,
       ist schon surreal genug. Existiert ein gewisser „Großer Bruder“, der uns
       rund um die Uhr beobachtet? Und mit welchen Mitteln wird so ein Projekt
       eigentlich finanziert? Was bedeutet Teilnahme an nichtgenehmigten
       Veranstaltungen, wenn ich, zum Beispiel, im Stadtzentrum wohne? Während ich
       vielleicht gerade zu Hause das Abendessen vorbereite, werde ich von der
       einfachen Hausfrau zur bösartigen Gesetzesbrecherin? Wer darf Fotos und
       Videoaufnahmen von meinem Privatleben machen, Hygienemaßnahmen
       eingeschlossen? Das sind Fragen, auf die es keine Antworten gibt. So werden
       Menschen beschuldigt, deren Handlungen mit gesundem Menschenverstand und
       logisch betrachtet völlig gesetzeskonform sind. Doch sie sollten keine
       Fehler machen, über die sie jetzt vielleicht noch lachen, aber für die sie
       zu gegebener Zeit verurteilt werden könnten.
       
       Das Lächerlichste daran ist, dass nicht nur Menschen, die tatsächlich an
       Solidaritätsmärschen teilgenommen haben, solche SMS bekommen, sondern auch
       Anhänger von Lukaschenko, die man eigens zu Demonstrationen gebracht hat,
       um diesen zu unterstützen. Ist es also wirklich so, dass auch
       [2][Pro-Lukaschenko-Demos] die öffentliche Ordnung stören? Naja, dann geht
       ja alles gerecht zu. Und diese Leute sollten wirklich keine Fehler machen.
       
       In den sozialen Netzwerken machen sich die Leute schon offen über das
       Innenministerium lustig und schicken sich gegenseitig umgeschriebene
       Fassungen dieser SMS: „Werte Bürger! Ihre Handlungen wurden
       video-dokumentarisch festgehalten. Sie sind unglaublich!“ Das Wort
       „unglaublich“ in Bezug auf protestierende BelarussInnen ist übrigens ein
       Zitat von Maria Kolesnikowa. Die Politikerin ist immer noch in Haft.
       
       Aus dem Russischen [3][Gaby Coldewey]
       
       7 Oct 2020
       
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