# taz.de -- Demo der Veranstaltungsbranche: Pappschild mit „Save the fun“
       
       > In Coronazeiten setzt die Veranstaltungsbranche auf Demos für mehr
       > politische Beachtung. Was fehlt, ist Kreativität.
       
 (IMG) Bild: Suche nach Emotionen: Nicht nur bei Maskengesichtern, auch beim Wort „Veranstaltungsbranche“
       
       Ich weiß nicht, was genau ich von der [1][„Rettet die
       Veranstaltungsbranche!“-Demo] letzten Freitag erwartet habe, aber wenn die
       Kreativwirtschaft schon zum großen Protestmarsch ruft, hätte da ja schon
       mehr als eine Latschdemo mit den üblichen Reden herauskommen können.
       Irgendwas mit Trockeneisnebel, Feuerwerk, Spektakel vielleicht. Für so
       etwas sind die Veranstalter doch schließlich da.
       
       Stattdessen zogen bei der inzwischen dritten Demo der darbenden Branche ein
       paar Trucks durch Mitte, die immerhin ordentlich Lärm mit Technobeschallung
       machten, und ein paar Hanseln stapften hinterher. Transpis wurden
       hochgehalten, auf die „Rettet die Kinos“ oder, etwas spezifischer, „Rettet
       das Colosseum“ gekritzelt wurde, einer trug ein Pappschild spazieren, auf
       dem er forderte: „Save the fun“. Und dann wurde noch ein Sarg durch die
       Gegend gefahren, womit die Veranstaltungsbranche wohl symbolisch zu Grabe
       getragen werden sollte.
       
       Zur Abschlusskundgebung auf dem Bebelplatz sorgte dann die Berliner Party-
       und Coverband Birddogs für das Rahmenprogramm und spielte Songs von Bruce
       Springsteen und den Beatles nach. Das löste zumindest bei mir nicht gerade
       einen nachhaltigen Wow-Effekt aus.
       
       Irgendwie kriegt das die Veranstaltungsbranche noch nicht so richtig hin
       mit dem Generieren von Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich liegt das allein
       schon am Wort: „Veranstaltungsbranche“. Das löst kaum Emotionen aus. Kino,
       Theater, Konzerte, Clubs, alle Teil dieser Branche, für sich genommen
       dagegen schon. Vielleicht sollte man es mal mit einem Branding versuchen,
       das mehr elektrisiert. Denn dass [2][die Branche berechtigte Forderungen]
       hat, daran zweifle ich nicht. Den Künstlern, DJs, Konzertveranstaltern, die
       ich so kenne, denen geht es allen nicht gut.
       
       So wenig wie Jule und David, die auf der Demo gelandet sind, weil sie sich
       von deren Anliegen direkt angesprochen fühlten, wie sie sagten. Sie
       arbeitet normalerweise im Abenddienst bei diversen Veranstaltungen, er als
       Lichttechniker. Beide sind sie [3][Soloselbstständige] und seit Monaten
       arbeitslos. Sie brauche gerade ihre letzten Ersparnisse auf, er beziehe
       inzwischen ALG II.
       
       Mehr Beachtung seitens der Politik erhofften sich die beiden durch so eine
       Demo, und sie plädierten für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die
       Coronawelt verstehen sie nicht mehr, das machten sie schnell klar. „Die
       Flugzeuge sind wieder voll besetzt, aber Abstandsregeln machen es Theatern
       unmöglich, wirtschaftlich zu arbeiten“, sagte er, und bezogen auf die
       eigene Situation wurde er sehr deutlich. „Man wird von der Politik wie der
       letzte Rotz behandelt.“
       
       ## Demo-Hopping und Rave
       
       Ganz offensichtlich waren auf der Demo aber nicht nur direkt Betroffene wie
       Jule und David, sondern auch Neugierige. Eine Frau neben mir entpuppte sich
       gar als Demo-Hopperin. Sie sei gerade bei Fridays for Future gewesen, jetzt
       wollte sie mal schauen, wer hier so einen Krach veranstalte. Demos scheinen
       sowieso gerade die Form von Veranstaltungen zu sein, die als einzige noch
       richtig laufen. Am Abend zog direkt vor meiner Haustüre noch ein schwarzer
       Block vorbei, der an die erschossene Maria B. erinnern wollte, die ein
       Opfer der Polizeigewalt geworden sei.
       
       Aber dann fuhr ich am nächsten Tag in Altstralau vorbei, und was sah ich:
       einen Rave, einen echten Rave, den wahrscheinlich ersten offiziellen
       Post-Lockdown-Rave in Berlin überhaupt. Und das in einem Club, der nicht
       mal mehr über eine echte Website verfügt und bei Facebook abgemeldet ist.
       Und zwar im „Ost“ oder „Osthafen“, man weiß ja nicht einmal mehr, wie der
       Laden überhaupt heißt. Aber immerhin: Es war ein echter Event der
       Veranstaltungsbranche.
       
       30 Jul 2020
       
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