# taz.de -- „Es schien, als hätten sie uns vergessen“
       
       > Women*Team (XIV): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld
       > für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Fenja Bröckler
       > ist Handballerin, richtig spielen durfte sie in der Coronakrise bislang
       > nicht – anders als ihre männlichen Kollegen. Nun steht der Klassenerhalt
       > auf dem Spiel
       
       InterviewLaura Strübbe 
       
       taz: Was hätte es bedeutet, ohne Testspiele in die Saison zu starten, Frau
       Bröckler? 
       
       Fenja Bröckler: Es wäre für uns kaum eine Option gewesen. Unser Trainer
       sagte auch, er könne es uns nicht zumuten. In solchen Spielen erlebt man
       eine ganz andere Härte des Sports als beim normalen Training. Man spielt
       als Mannschaft gegen eine andere, dieser Wettkampfcharakter ist im Training
       nicht immer gegeben.
       
       Warum sind Sie dafür nicht in benachbarte Bundesländer gefahren? 
       
       Wir sind in Flensburg schon ein Stück weit von anderen Bundesländern
       entfernt. Es war aber auch nicht in unserem Sinne, in der Coronapandemie
       herumzureisen und andernorts zu spielen. Auch vor den Ressourcen her wäre
       solch ein Ausflug nicht nachhaltig gewesen. Unser Trainer hatte sich
       frühzeitig um Gegner aus Dänemark bemüht, allerdings Schwierigkeiten,
       welche zu finden.
       
       Wie hat Ihr Team bislang trainiert? 
       
       Wir konnten nur mit zehn Leuten auf einer Hallenhälfte spielen und haben
       demnach sehr individuell trainiert, aber auch vier gegen vier mit einem
       Torwart jeweils gespielt. Durch das Training in Kleingruppen sind wir
       wieder etwas ins Spielen gekommen.
       
       Wie haben Sie diese Zeit erlebt? 
       
       Ich hatte riesigen Spaß daran, endlich wieder zu spielen. Nicht nur den
       Sport an sich zu betreiben, sondern auch wieder mit der Mannschaft
       zusammenzukommen. Nach den ganzen Verboten war das ein Stück Normalität.
       Doch irgendwann dachte ich, es wäre schon einmal schön, mit dem ganzen Team
       zu spielen. Die Zeit war für mich sehr durchwachsen.
       
       Hat der Blick auf andere Bundesländer dieses Gefühl verstärkt? 
       
       Es ist nicht an uns vorbeigegangen, dass in anderen Bundesländern viele
       Regelungen wieder gelockert wurden. Wir haben immer wieder nachgefragt, nur
       konnte uns keiner eine Antwort geben. Der Saisonstart rückte immer näher.
       Die Zehn-Sportler-Regel sollte am 10. August aufgehoben werden. Schleswig
       Holstein hat sich aber entschieden, nicht zu lockern. Es schien, als hätten
       sie uns als Bundesligisten vergessen. Wenn am Mittwoch die Lockerungen auch
       bei uns in Kraft treten, sind es nur noch zweieinhalb Wochen bis zum
       Saisonstart. Das kommt zu spät. Mit den anderen Mannschaften herrscht keine
       Chancengleichheit mehr.
       
       Die Männer vom THW Kiel und der SG-Flensburg-Handewitt durften mit
       Sondergenehmigungen in voller Stärke trainieren – Ihr Frauenteam aber
       nicht. 
       
       Der Verein hat gehofft, dass vom Handballverband Schleswig-Holstein Signale
       kommen. Die Handball-Bundesliga hat in Kiel eine Sondergenehmigung für die
       Bundesliga der Männer eingefordert. Da war uns schnell klar: Sie hat mehr
       Handlungsmacht als die Bundesliga der Frauen. Wir hatten uns darauf
       verlassen, dass die Landesregierung gleiche Bedingungen für alle Teams
       sicherstellen würde – so wie bei den Männern. Landes-Handballpräsident
       Dierk Petersen hat uns erklärt, wir müssten eine Sondergenehmigung
       beantragen. Diese haben wir immer noch nicht erhalten.
       
       Hat der TSV Nord Harrislee deswegen Nachteile? 
       
       Wir spielen als Erstes gegen Lintfort aus Nordrhein-Westfalen. Die werden
       bis dahin elf Spiele in der Vorbereitung gespielt haben, wir dagegen,
       wenn’s hochkommt, fünf. Unser jetziger Stand ist nicht der, den wir drei
       Wochen vor Saisonstart gern hätten. Das ist ein Nachteil. Dazu kommt, dass
       laut der Liga die ersten vier Spiele Geisterspiele sein sollen. Nun ist das
       von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich: In Lintfort spielen wir
       auswärts vor Zuschauern, zum Spiel eine Woche später dürfen uns in der
       eigenen Halle aber keine Zuschauer anfeuern. Das macht einen entschiedenen
       Unterschied in der Stimmung.
       
       Wie will Ihr Team die Nachteile ausgleichen? 
       
       Nun, da wir trainieren dürfen, werden wir das auch mehr tun. Jetzt erst
       recht, hat sich jede von uns gedacht. Wie groß der Nachteil wirklich ist,
       wird sich in den ersten Saisonspielen zeigen. Unser Ziel für die kommende
       Saison kann nur Klassenerhaltsein. Dabei waren wir in der vorigen Saison
       noch siebte.
       
       17 Aug 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ella Strübbe
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA