# taz.de -- Schluss mit Ausbildung
       
       > Das Krankenhaus Groß-Sand will die letzte Pflegeschule im Hamburger Süden
       > schließen. Die Mitarbeiter protestieren in einem offenen Brief. Geld
       > genug müsste da sein, sagen sie
       
 (IMG) Bild: Soll bald eine Krankenpflegeschule weniger haben: Krankenhaus Groß-Sand
       
       Von Maike Krob
       
       Nördlich der Elbe gibt es in Hamburg 14 Krankenpflegeschulen, an der
       künftige Pfleger*innen ausgebildet werden. Südlich der Elbe nur noch eine,
       in Wilhelmsburg. Doch das katholische Krankenhaus Groß-Sand, zu dem die
       Schule gehört, will sie Anfang Oktober schließen – für Mitarbeiter*innen
       ohne erkennbaren Grund.
       
       „Wir wissen nicht, warum die Schule schließt“, kritisiert Schulleiterin
       Mirjam Mikoleit. Die Finanzierung könne ihrer Meinung nach nicht das
       Problem sein. Denn seitdem der Bund die Pflegeberufe reformiert und die
       Ausbildung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger*innen
       zusammengelegt hat, gibt es in den Ländern Ausbildungsfonds, die eine
       „wettbewerbsneutrale“ Finanzierung dieser Ausbildungsplätze ermöglichen
       sollen. Die Pflegeversicherungen und der Staat übernehmen einen Teil der
       Kosten.
       
       Zudem sei in Wilhelmsburg schon die nötige IT-Ausstattung für die
       Pflegeausbildung vorhanden, sagt Mikoleit. Der Schulleiterin sei jedoch
       seit 2009 kein Einblick in die interne Finanzierung gewährt worden. Auch
       die Ausbildungsbudgetverhandlungen mit der Geschäftsführung und dem
       Controlling seien ohne sie geführt worden, sagt Mikoleit.
       
       „Wenn wir gewusst hätten, dass die Gefahr besteht, dass die Schule
       schließt, hätten wir uns gerne eingebracht“, sagt sie. Das Kollegium habe
       zuvor ohne zusätzliche Mittel und parallel zum Arbeitsalltag ein neues
       Ausbildungsprogramm erarbeitet und dabei „unzählige Mehrstunden erbracht“.
       Schließlich hätten die Kolleg*innen die Inhalte für die generalistische
       Pflegeausbildung für ihre Schüler*innen vorbereiten müssen.
       
       Zwei Mitarbeiter*innen hätten bereits eine Kündigung erhalten – und danach
       vom selben Arbeitgeber einen neuen Vertrag mit schlechteren Konditionen,
       sagt Mikoleit. Allen anderen Kolleg*innen sei eine Kündigung bereits
       angekündigt worden.
       
       Nun ist „unsere berufliche Zukunft offen“, sagt eine Lehrerin, die seit 30
       Jahren in dem Haus arbeitet und anonym bleiben möchte. „Man findet das
       Leitbild zu null Prozent in dem Umgang mit uns wieder.“ Sie hat einen
       Ausdruck des Leitbildes zum Gespräch mit der taz mitgebracht: „Qualität
       braucht Menschlichkeit“ steht darin.
       
       „Gesundheit ist ein ökonomisches Gut geworden“, kritisiert sie. Kleine
       Ausbildungsstätten zu schließen sei ein fataler Trend. In ihrer Einrichtung
       könne sie jedem Namen ein Gesicht zuordnen. Ihre Schüler*innen schätzten
       die kleine Schulgröße und die Wohnraumnähe.
       
       Diese „Wettbewerbsvorteile fallen nun weg“, sagt eine weitere Kollegin.
       Viele der Schüler*innen kämen aus dem Süderelberaum. Eine Ausbildung im
       Hamburger Norden wäre für sie weniger attraktiv.
       
       Der Träger des katholischen Krankenhauses und der Pflegeschule, die
       Gemeinde Sankt Bonifatius, verweist beim Thema Schulschließung an das
       Erzbistum Hamburg. Bistumssprecher Manfred Nielen findet das Wort
       Schließung allerdings „irreführend“. „Die theoretische Ausbildung“ werde
       lediglich „an eine andere Stelle verlagert“, sagt er.
       
       Das Gerücht, der Standort solle dadurch für mögliche Kaufinteressent*innen
       des Krankenhauses attraktiver gemacht werden, weist Nielen zurück. Die
       kirchliche Verwaltung wolle die Kliniken nicht verkaufen, sondern suche
       lediglich nach einem „strategischen Partner“, der „sich in der Mehrheit
       finanziell beteiligt“.
       
       Sarah Sieweke, die Sprecherin des Krankenhauses Groß-Sand, rechtfertigt die
       Schließung in einer Stellungnahme: Die Geschäftsführung habe entschieden,
       „eine kleine Einheit mit eigenen infrastrukturellen Anforderungen
       aufzulösen“. Und: „Diesen Weg sind viele andere frei-gemeinnützige (auch
       konfessionelle) Krankenhäuser bereits vor uns gegangen.“ Zudem müsse in die
       Schule, die auf ihrer Webseite noch immer um neue Auszubildende wirbt,
       investiert werden, etwa in die IT-Ausstattung. Das will das Krankenhaus
       vermeiden.
       
       Den Mitarbeiter*innen der Pflegeschule reicht diese Erklärung nicht aus. In
       einem offenen Brief erwidern sie, dass ihnen in ganz Hamburg kein anderer
       Fall einer Pflegeschule mit ähnlicher Größe bekannt sei, die in
       finanziellen Schwierigkeiten stecke. Zudem sei die digitale Ausstattung der
       Schule gut. Es gebe beispielsweise Tablets für alle Auszubildenden.
       
       Da es an Erklärungen mangelt, nehmen die Kolleginnen, die mit der taz
       sprachen, die Schließung persönlich: Es habe sich angefühlt, als „würde uns
       mangelnde Kompetenz unterstellt“, sagt eine Mitarbeiterin.
       
       20 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maike Krob
       
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