# taz.de -- Urteil gegen US-Präsident: Trump, der Zerstörer
       
       > Auch für US-Präsident Donald Trump gelten die Gesetze, urteilt der
       > Oberste Gerichtshof. Seine Reaktion zeigt, welche Gefahr er darstellt.
       
 (IMG) Bild: Nicht sehr begeistert: Auch Trump muss seine Steuerunterlagen offen legen
       
       Bei US-Präsident Donald Trump klemmte wieder einmal die Feststelltaste für
       Großbuchstaben: „POLITISCHE HEXENJAGD!“ twitterte Trump, und „PROSECUTORIAL
       MISCONDUCT!“ (verfehlte Strafverfolgung, in etwa). Dann ging es klein
       weiter: “Ich gewann die Mueller-Hexenjagd und andere, jetzt muss ich im
       politisch korrupten New York weiterkämpfen. Nicht fair für diese
       Präsidentschaft oder Regierung!“, [1][so twitterte Trump] in wenigen
       Stunden am Donnerstag.
       
       Dabei war eigentlich nur etwas geschehen, was in jedem Rechtsstaat
       selbstverständlich ist: Mit 7 zu 2 Richterstimmen hatte der Oberste
       Gerichtshof der USA – zum wiederholten Mal – entschieden, dass die Gesetze
       auch für den Präsidenten gelten und Trump daher verpflichtet ist, den
       [2][New Yorker Steuerermittlern] seine Steuerunterlagen zur Verfügung zu
       stellen. Das Besondere war diesmal vielleicht, dass es überhaupt zwei
       Richter – die Erzkonservativen Clarence Thomas und Samuel Alito – gab, die
       das anders sahen.
       
       Trumps wütendes Herumgebollere folgt dem immer gleichen Muster: Er
       missachtet sämtliche politischen, ethischen und rechtlichen Regeln, und
       wenn ihm dann – was dank des Duckmäusertums der Republikanischen Partei nur
       selten vorkommt – jemand auf die Finger klopft und sagt, dass das so nicht
       geht, fühlt er sich von finsteren Mächten verfolgt.
       
       Und vor allem: Nur ihm passiere das, während alle anderen, insbesondere
       sein Vorgänger Barack Obama, mit ihren „Verbrechen“ ungeschoren davon
       kämen.
       
       ## Größte Herausforderung für die US-Demokratie
       
       Trump will Präsident sein, aber das Regieren interessiert ihn nicht. Sein
       unternehmerisches wie politisches Leben kennt nur ein Ziel: Dein eigenen
       Reichtum mehren und sich selbst überhöhen. Wollte er regieren, hätte er –
       wie andere Regierungschefs – die Corona-Pandemie als Riesenchance erkannt:
       Wie in Kriegszeiten schauen die Menschen auf die Führung, politische
       Differenzen können als nachrangig erklärt werden.
       
       Krisen sind die Stunde der Exekutive – wenn sie sich denn als
       vorausschauend, vernünftig, entschlossen und fähig erweist, auf
       Herausforderungen angemessen zu reagieren. Trump ist nichts davon. Er kann
       Krisen höchstens dann lösen, wenn er sie selbst verursacht hat, und meist
       nicht einmal dann. Sein einziges Mittel: Feinde ausmachen und bekämpfen,
       überall und andauernd.
       
       Trumps Präsidentschaft, das war schon bei seinem Wahlsieg absehbar und hat
       sich seither bewahrheitet, ist die größte Herausforderung für die
       Institutionen der US-amerikanischen Demokratie in der jüngeren Geschichte.
       Als er sein Amt antrat, fragten sich die politischen Kommentator*innen
       unisono, ob das System stark genug sei, um jemanden wie Trump zu
       überstehen. Die meisten waren zuversichtlich.
       
       Aber der Optimismus schwand zusehends, je länger Trump im Weißen Haus saß.
       Denn er zeigte sich nicht nur als nicht lernfähig: Er erklärte genau jenen
       Kontrollmechanismen den Krieg, die für einen Rechtsstaat unverzichtbar
       sind, und erklärte sie zu [3][Instrumenten eines „Deep State]“ – zur
       Rettung des Establishments vor den wahren Veränderungen, die er durchsetzen
       wolle.
       
       ## Radikalisierte, verfassungsfeindliche Masse
       
       Damit untergräbt er auf fatale Weise die Grundlagen des demokratischen
       Systems. Die Zerstörung des US-Regierungsapparates, die sein erster
       Politstratege, der rechtsradikale Stephen Bannon, angekündigt hatte, setzt
       Trump auch ohne ihn fort. Ob Trump im November die Wiederwahl schaffen
       wird, ist offen. Derzeit liegt er hinten, aber vier Monate sind in
       US-Wahlkämpfen eine lange Zeit.
       
       Aber völlig unabhängig davon muss nach dreieinhalb Jahren präsidentiellen
       Dauerbeschusses gegen Medien, Justiz und die parlamentarische wie
       außerparlamentarische Opposition davon ausgegangen werden, dass die immer
       noch gut 40 Prozent der US-Wähler*innen, die ihm ihre Stimme geben wollen,
       seine Weltsicht teilen. Das macht sie objektiv zu einer riesigen,
       radikalisierten, verfassungsfeindlichen – und obendrein bewaffneten –
       Masse. Was das mit den USA macht, wird womöglich erst nach Trumps Abgang
       wirklich deutlich werden, falls seine Abwahl im November gelingt. Bleibt er
       weitere vier Jahre im Weißen Haus, werden die USA danach nicht
       wiederzuerkennen sein.
       
       10 Jul 2020
       
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