# taz.de -- Proteste in Ukraine: Moskautreue marschieren
       
       > In der ukrainischen Hauptstadt Kiew zeigen prorussische Demonstranten
       > Flagge. Es geht gegen die Rechten und Präsident Wolodymir Selenski.
       
 (IMG) Bild: Eier sind geflogen: eine Strassenkehrerin während der Demonstrtion der Scharij Partei in Kiew
       
       Mönchengladbach taz | Das hatte es in der ukrainischen Hauptstadt Kiew
       schon lange nicht mehr gegeben: prorussische Demonstranten hatten sich am
       Mittwoch vor dem Präsidentenpalast zu einer Protestaktion versammelt. Und
       die nationalistischen Gegner konnten sie nicht aufhalten, weil sie in der
       Minderzahl waren.
       
       Anlass der Demonstration, zu der die Partei Scharij, benannt nach ihrem
       Chef, dem Blogger Anatolij Scharij, aufgerufen hatte, waren Übergriffe von
       Anhängern des ehemaligen Chefs des „[1][Rechten Sektors]“ von Odessa,
       Serhij Sternenko, Anfang der Woche auf Journalisten in Kiew. Dort findet
       derzeit ein Prozess gegen Sternenko statt, der wegen Mordes angeklagt ist.
       Er selbst verwahrt sich gegen diesen Vorwurf, da er in Notwehr gehandelt
       habe. Auch eine Journalistin von „Scharij.net“ soll angegriffen worden
       sein.
       
       Nach Angaben ukrainischer Medien hatten sich an der prorussischen
       Demonstration der Scharij-Partei am Mittwoch gut 500 Personen beteiligt.
       Olga Scharij, die Ehefrau des im europäischen Ausland lebenden Parteichefs
       Anatolij Scharij spricht von über 2000 Teilnehmern.
       
       Mit Sprechchören wie „nicht mein Präsident“, „Scharij, Scharij“ und „Wowa
       komm raus!, forderten sie Präsident Wolodymir Selenski auf, persönlich mit
       den Demonstranten zu sprechen. Mit der Demonstration, gibt sich Olga
       Scharij siegessicher, habe man das Monopol der Rechten auf die Straße
       gebrochen.
       
       ## Eier und Steine
       
       Bereits während der Kundgebung kam es zu einigen Zwischenfällen. Während
       die Nationalisten über die Polizeiabsperrungen hinweg einige Eier warfen,
       wurde ein Anhänger der rechtsradikalen „Asow“ von Demonstranten mit Gewalt
       vom Platz vertrieben. Am späten Abend wurde ein Bus von Demonstranten, der
       auf der Rückreise nach Charkiw war, mit Steinen beworfen.
       
       Mit 2,1 Millionen Aufrufen ist Youtube-Blogger Anatolij Scharij, der seine
       Auftritte ausschließlich auf Russisch bestreitet und aus seiner Ablehnung
       der [2][Maidan]-Bewegung keinen Hehl macht, der bekannteste ukrainische
       Blogger.
       
       2012, so schreibt er auf seinem Portal, habe er aus der Ukraine fliehen
       müssen, weil er nach Recherchen über organisiertes Verbrechen bedroht
       worden sei. Inhaltlich steht Anatolij Scharij der prorussischen
       „Oppositionsplattforum – Für das Leben“ nahe.
       
       Basisdemokratisch und gewaltfrei ist Scharijs Partei nicht. Die Rufe nach
       Anatolij Scharij auf der Demonstration sprechen eher für einen Personenkult
       unter den Mitgliedern der Partei. Auch die einheitliche rote Farbe von
       Luftballons und die rot-weißen Fahnen im identischen Design legen nahe,
       dass die Demonstration zentral organisiert war.
       
       ## Eingekesselt und geschlagen
       
       In gerade einmal anderthalb Tagen habe man die landesweite Demonstration
       organisiert, berichtet Olga Scharij in ihrem Blog. Dies scheint angesichts
       der zahlreichen Busse und der vielen gebuchten Unterkünfte wenig
       wahrscheinlich.
       
       Genüsslich kommentiert sie einen Videoclip, der zeigt, wie Scharij-Leute
       einen ukrainischen Nationalisten in der Kiewer U-Bahn einkesseln, auf
       diesen eintreten und mit Stangen so lange schlagen, bis der Mann sichtlich
       benommen und orientierungslos am Boden sitzt. Der Mann habe ihre Leute
       angreifen wollen und dabei „hat er eine in seine Scheiß-Fresse bekommen“,
       so Olga Scharij.
       
       18 Jun 2020
       
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