# taz.de -- Umwidmung der Hagia Sophia: Ohne jede Weisheit
       
       > Die Umwandlung der Hagia Sophia ist für Erdoğan nicht nur ein
       > symbolischer Sieg über die Christen, sondern gleichzeitig auch einer über
       > den Laizismus.
       
 (IMG) Bild: Kein neutraler Boden mehr: Die Hagia Sophia in Istanbul
       
       Es ist der ultimative Triumph für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip
       Erdoğan. Die Hagia Sophia (im Griechischen die Kirche der „Heiligen
       Weisheit“) in [1][Istanbul] wieder zur Moschee zu machen war der [2][Traum
       aller Islamisten] und stellt Erdoğan in den Augen seiner Anhänger nun in
       eine Reihe mit dem Eroberer Konstantinopels, Sultan Mehmet II. Dass er
       damit die Geste des laizistischen Gründers der modernen Türkei, Mustafa
       Kemal Atatürks, der die vormalige Kirche und Moschee 1934 in ein allen
       Menschen gleichermaßen zugängliches Museum umwandeln ließ, ebenfalls noch
       ausradierte, macht den Triumph komplett.
       
       So ist es nicht nur ein symbolischer Sieg über die Christen, sondern
       gleichzeitig ein symbolischer Sieg über den Laizismus, der die Türkei
       erneut einen Schritt näher an die vom Präsidenten angestrebte islamische
       Republik bringt. Für diesen Schritt war Erdoğan nicht nur bereit, den
       größten Teil der westlichen Welt vor den Kopf zu stoßen, er hat auch der
       russisch-orthodoxen Kirche, die dem russischen Präsidenten Putin sehr
       nahesteht, damit den Fehdehandschuh hingeworfen. Denn für die
       [3][orthodoxen Christen] in aller Welt, allen voran die Gläubigen in
       Russland und Griechenland, ist die Hagia Sophia auch mehr als 500 Jahre
       nach der Eroberung Konstantinopels immer noch der Sehnsuchtsort ihres
       Glaubens, so wie für die Juden auf der ganzen Welt die Klagemauer in
       Jerusalem oder der Petersdom für die Katholiken.
       
       Deshalb war es eine kluge, völkerverbindende Entscheidung Atatürks, aus der
       Hagia Sophia ein Museum zu machen, und deshalb ist es so schädlich für die
       Türkei, den emotional stark besetzten Bau nun wieder zu einem exklusiv
       islamischen Hoheitsgebiet zu erklären. Das ohnehin schlechte Verhältnis zu
       Griechenland wird dadurch endgültig zerrüttet. I[4][n der EU werden die
       Stimmen, die Sanktionen gegen den aggressiven Kurs Erdoğans fordern,
       lauter], und auch sein Männerfreund Putin ist düpiert. Die Umwidmung
       könnte sich noch als schwerer Fehler erweisen.
       
       13 Jul 2020
       
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 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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