# taz.de -- Flottbeker Flächentausch
       
       > Für einen Wohn- und Gewerbebau soll ein traditionsreicher Wochenmarkt
       > umziehen – ausgerechnet auf ein benachbartes Biotop. Die Anwohner*innen
       > fühlen sich übergangen
       
 (IMG) Bild: Dunkle Wolken über, Taschen des flächenhungrigen Discounters auf dem Flottbeker Markt. Anwohner*innen sorgen sich um seine Zukunft
       
       Von Laura Strübbe
       
       Auf dem Platz vor dem S-Bahnhof Othmarschen herrscht ohrenbetäubende
       Stille. Die Groß Flottbeker Straße mit ihren Einfamilienhäusern und den
       kleinen Gärten wirkt, als hätte sich ländliche Idylle in die Großstadt
       vorgewagt. Ganz anders sieht es dann schon wieder am nördlichen Ende der
       Straße aus, auf dem Flottbeker Wochenmarkt.
       
       Auf gepflastertem Grund stehen hier mittwochs und samstags bis zu 70
       Marktstände, an Publikum herrscht kein Mangel. Wie lange das so bleibt, ist
       aber ungewiss: Hier soll gebaut werden, ein fünfstöckiger Wohn- und
       Geschäftskomplex. Im Erdgeschoss will Aldi einziehen, seine derzeitige
       Verkaufsfläche ganz in der Nähe würde der Discounter damit um ein Drittel
       vergrößern.
       
       ## Ausweichfläche Biotop
       
       Es gibt sogar schon eine neue Fläche für den Wochenmarkt – ein ehemaliges
       Regenrückhaltebecken weiter südlich. Im Zuge von dessen Nichtnutzung ist
       hier die Natur zurückgekehrt: Bussarde jagen darin nach Mäusen. Das
       Bezirksamt Altona unterstützt die Pläne, dieses Biotop zu versiegeln.
       
       Der Anwohner Jörg Sadrozinski erinnert sich, dass irgendwann Leute mit
       Maßbändern im Regenrückhaltebecken herumspaziert seien. Sadrozinski ist
       Vertreter der prompt gegründeten Bürgerinitiative „Rettet den Flottbeker
       Markt“ und setzt sich nun ein für den Schutz des Stadtteils mit seinem
       dörflichen Charakter.
       
       Das Bezirksamt äußerte sich erst im Juni auf eine [1][Anfrage des
       SPD-Bezirksabgeordneten Andreas Bernau] hin: Ja, eine „Interessenbekundung“
       liege vor. Die Projektentwicklungsgesellschaft stellte Vertreter*innen der
       Bürgerinitiative Anfang Juli eine weitaus detaillierte Planung vor. „Man
       hätte uns frühzeitig miteinbeziehen müssen“, sagt Sadrozinski.
       
       Dass seit der Interessenbekundung von Ende 2018 nichts mehr passiert sein
       soll, könne er sich nicht vorstellen. Eine Anfrage der taz, warum bislang
       keine öffentliche Diskussion über die künftige Nutzung der Flächen
       stattfand, beantwortete das Bezirksamt in der vergangenen Woche nicht.
       
       Haben das Bezirksamt und die Investoren einfach Fakten geschaffen? „Jetzt
       werden pro forma die Bürger angehört, um der Gesetzeslage genüge zu tun“,
       sagt Sadrozinski, der sich übergangen fühlt: Im Planungsausschuss hätten
       Vertreter*innen des Bezirksamts schon konkret über die zu errichtenden
       Wohnungen gesprochen. „Es wirkt, als sei alles schon in trockenen Tüchern“,
       sagt auch Robert Jarowoy, Fraktionsvorsitzender der Linken in der
       Bezirksversammlung Altona. Dass es wichtig sei, Wohnungen zu bauen, will
       Sadrozinski dabei gar nicht bestreiten. Doch hätte man prüfen sollen, was
       man damit an anderer Stelle kaputt mache.
       
       „Hier begegnen die Alteingesessenen einander“, sagt Alexandra Bartel. Sie
       verkauft Blumen auf dem Flottbeker Markt, als Angestellte von Petra
       Wiemeler, die im Jahr 2003 die Baumschule ihrer Eltern übernommen hat. Die
       hatten über 35 Jahre lang einen Stand auf dem Flottbeker Markt betrieben.
       
       ## „Existenzen bedroht“
       
       An zwei Tagen die Woche können Marktsteller*innen den Großteil ihres
       Verdiensts sichern. Für Bartel sind daher mit der Verlegung des Markts
       „Existenzen bedroht“. Sie ist sich nicht sicher, ob die Kund*innen an den
       neuen Ort mitkommen werden, und denkt dabei vor allem an die Älteren.
       
       Wer im Zentrum von Flottbek hoch baut, könne die gute Aussicht dann teuer
       verkaufen, denkt Bartel laut nach über ein weiteres Motiv hinter dem
       Bauprojekt. Retten ließe sich der Status quo vielleicht per Bürgerbegehren
       – der Linke Jarowoy sagt, dafür würde er auch eigenhändig Unterschriften
       sammeln.
       
       13 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://sitzungsdienst-altona.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1010105
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ella Strübbe
       
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