# taz.de -- Bundesaußeminister in Israel: Ellbogen ja, aber nicht zu fest
       
       > Eine Gratwanderung für den Bundesaußenminister: In Jerusalem kritisiert
       > Heiko Maas Israels Annexionspläne, spricht aber nicht über mögliche
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 (IMG) Bild: Heiko Maas und sein israelischer Kollege Gabi Ashkenazi begrüßen sich
       
       Jerusalem taz | „Ich bin Heiko Maas, der Außenminister von Deutschland“,
       ruft ein Aktivist der rechten israelischen Organisation „Im Tirtzu“ vor dem
       Außenministerium in Jerusalem am Mittwoch. Verkleidet ist er als Pirat, mit
       Augenklappe, Hakenkralle und Piratenhut. Er stört sich an der Finanzierung
       von palästinensischen und israelischen Nichtregierungsorganisationen durch
       Deutschland und andere europäische Staaten. „Stoppt die Finanzierung von
       politischen NGOs in Israel“, steht auf einem Plakat, das eine Aktivistin
       neben ihm in die Höhe hält.
       
       Nur wenige Minuten später, im Innern des Außenministeriums, gibt sich der
       echte Heiko Maas ganz anders: betont diplomatisch. Die geplante Annexion
       palästinensischer Gebiete durch Israel kritisiert er als Rechtsbruch, aber
       auf eine Drohung mit Konsequenzen verzichtet er. Stattdessen wirbt er für
       eine Wiederaufnahme der vor sechs Jahren ausgesetzten direkten Gespräche
       zwischen Israel und den Palästinenser*innen.
       
       Israels erst [1][vor drei Wochen vereidigte neue Regierung] will auf
       Grundlage eines umstrittenen Nahostplans von US-Präsident Donald Trump bis
       zu 30 Prozent des besetzten palästinensischen Westjordanlands annektieren.
       Die ersten Schritte könnten am 1. Juli eingeleitet werden. Am selben Tag
       übernimmt Deutschland die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und
       den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.
       
       „Gemeinsam mit der Europäischen Union sind wir der Ansicht, dass eine
       Annexion nicht mit internationalem Recht vereinbar wäre“, sagte Maas nach
       einem Treffen mit seinem Amtskollegen Gabi Ashkenazi. Deutschland werde
       sich weiter für Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen
       Zweistaatenlösung einsetzen. Zu möglichen Konsequenzen im Falle einer
       Annexion wollte er sich nicht äußern. Er halte nichts davon, in Zeiten, in
       denen Entscheidungen überhaupt noch nicht getroffen sind, mit Drohungen
       Politik zu machen: „Es ist die Zeit der Diplomatie und des Dialogs.“
       
       Gleich mehrfach betonte Maas die „besondere Freundschaft“ zwischen Israel
       und Deutschland. Deutschland trage eine besondere Verantwortung, die
       Erinnerung an die Schoah zu bewahren. Gemeinsam mit Ashkenazi
       unterzeichnete er eine Vereinbarung, der zufolge Deutschland Jad Vaschem,
       die weltweit wichtigste Holocaustgedenkstätte in Jerusalem, für weitere
       zehn Jahre mit 1 Million Euro jährlich unterstützen wird.
       
       ## Umstrittenes Regulierungsgesetz
       
       Ashkenazi kündigte an, den US-Nahostplan auf verantwortungsvolle Weise
       umzusetzen. Die Initiative sei ein „wichtiger Meilenstein für die Region“.
       Die Friedensverträge mit Israels Nachbarländern werde man dabei wahren. Als
       einzige arabische Staaten haben Jordanien und Ägypten mit Israel Frieden
       geschlossen. Ashkenazi dankte Deutschland für das Betätigungsverbot der
       libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und forderte die europäischen Länder
       auf, dem deutschen Beispiel zu folgen.
       
       Am Nachmittag stand noch ein Gespräch mit dem israelischen
       Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Benny
       Gantz auf Maas’ Terminkalender. Am Abend wollte [2][er weiterreisen nach
       Jordanien], um in der Hauptstadt Amman seinen Amtskollegen Aiman Safadi zu
       treffen.
       
       Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem setzte derweil am Vorabend des
       Maas-Besuchs ein Zeichen gegen die Politik der Landnahme und hob das
       sogenannte Regulierungsgesetz auf. Dieses war 2017 von der Knesset
       verabschiedet worden, bislang aber nicht in Kraft getreten. Es hätte dem
       Staat erlaubt, privates palästinensisches Land zu enteignen, auf dem nach
       israelischem Recht illegale Siedlungen, sogenannte Außenposten, gebaut
       worden sind. Das Gesetz sei verfassungswidrig, verletze Eigentumsrechte und
       verstoße gegen die Gleichberechtigung der Palästinenser*innen, entschied
       das Gericht. Während die internationale Gemeinschaft alle
       Siedlungsaktivitäten als illegal betrachtet, unterscheidet Israel zwischen
       legalen Siedlungen, die vom Verteidigungsministerium genehmigt wurden, und
       illegalen Außenposten, die ohne die erforderlichen Genehmigungen gebaut
       wurden, mitunter auf privatem palästinensischem Land.
       
       Die Gerichtsentscheidung könnte zur Bewährungsprobe für Netanjahus
       Einheitsregierung werden. Aus seiner Likud-Partei hieß es, die
       „Einmischung des Gerichts“ sei „unglücklich“. Das Gesetz sei „wichtig für
       die Siedlungsbewegung und ihre Zukunft“ gewesen. Koalitionspartner
       Blau-Weiß dagegen begrüßte den Gerichtsentscheid. Blau-Weiß werde „dafür
       sorgen, dass das Urteil akzeptiert wird.
       
       .Was mit den Außenposten geschieht, sollte es zu einer Annexion kommen, ist
       unklar. Details, welche Gebiete wann annektiert werden sollen, sind nicht
       bekannt. Laut einem Bericht der Times of Israel vom Mittwoch erwägt
       Netanjahu, wegen Schwierigkeiten im Kartierungsprozess zunächst nur drei
       große Siedlungsblöcke zu annektieren. Die weiteren Siedlungen und das
       Jordantal könnten später folgen. (mit dpa)
       
       10 Jun 2020
       
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 (DIR) Judith Poppe
       
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