# taz.de -- Demos gegen Coronamaßnahmen in Nepal: „Desinfiziert die Regierung“
       
       > Immer mehr junge Menschen gehen auf die Straße. Sie sind unzufrieden
       > damit, wie die Regierung auf die Pandemie reagiert hat.
       
 (IMG) Bild: Wasserwerfer gegen Protestierende in Kathmandu
       
       Mumbai taz | „Desinfiziert die Regierung“ (Sanitize the government) steht
       auf dem Protest-Schild einer jungen Frau in Nepals Hauptstadt Kathmandu.
       Mit bedrücktem Blick steht sie mit Mund-Nasen-Schutz den nepalesischen
       Polizisten gegenüber, die in voller Montur aufgefahren sind. [1][Bilder wie
       diese] sind derzeit immer öfter auf Nepals Straßen und in den sozialen
       Netzwerken zu sehen. Die junge Generation des Landes zeigt damit, dass sie
       genug hat von der Unfähigkeit der Regierung.
       
       Die [2][#Sanitizethegovernmen]t-Bewegung nimmt seit Mittwoch Fahrt auf. In
       verschiedenen Städten hinterfragen die Protestierenden die Coronamaßnahmen
       der Regierung Nepals. Sie fordern einen konkreten Plan zur
       Pandemieeindämmung und mehr Coronatests, die sich die Bevölkerung leisten
       kann. Zugleich handelt es sich um eine Antikorruptionsbewegung: Die
       Demonstrierenden fordern Transparenz über die Verwendung von Hilfsgeldern
       in Millionenhöhe.
       
       In der Hauptstadt Kathmandu findet der anhaltende Protest an mehreren Orten
       statt, aber auch in kleineren Städten wie dem historischen Bhaktapur gibt
       es immer wieder Sit-ins oder Märsche. Nicht überall verlaufen die
       Demonstrationen in Nepal friedlich. So kam es bei Demonstrationen in
       Kathmandu am Donnerstag zu Zusammenstößen zwischen nepalesischen
       Sicherheitskräften und Demonstrierenden, Wasserwerfer wurden eingesetzt.
       
       Touristenführer Anish Manandhar, der mit dem [3][Lockdown in Nepal] Ende
       März arbeitslos geworden ist, gehört zu den Unzufriedenen. „Hier in der
       Hauptstadt können wir noch mit der Situation umgehen, doch besonders in den
       Grenzregionen zu Indien im Süden ist die Lage kritisch“, sagt der
       29-Jährige. Die Quarantäne-Einrichtungen für Rückkehrer aus Indien, die
       dort ihren Job verloren haben, seien in schlechtem Zustand, Coronatests
       gebe es kaum.
       
       ## Seit Mai stieg die Zahl der Infizierten rasch
       
       Zunächst war die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen in
       Nepal gering, doch stieg sie seit Mai sehr rasch auf über 5.000. Unter
       anderem bekam das Entwicklungsland aus Deutschland 20.000 Testkits und
       Masken – was bei einer Bevölkerung von 30 Millionen aber nicht sonderlich
       viel ist.
       
       Nepals Regierungschef Khadga Prasad Oli hatte angekündigt, den harten
       Lockdown nun schrittweise zu lockern. Er macht [4][Indien für die steigende
       Zahl der Coronafälle] verantwortlich. Von April bis Juni sind laut der
       nepalesischen Regierung 230.000 Rückkehrer aus Indien eingereist. Dazu
       kommt eine Rückholung aus anderen Ländern, in denen die Gastarbeiter ihre
       Anstellung verloren haben.
       
       Pradip Pariyar, Vorsitzender des Nepal Policy Center, hält diese
       Schuldzuweisung für zu einfach: Es gehe nicht darum, aus welchem Land die
       neuen Coronafälle kommen, sondern wie die Regierung die Pandemie bekämpfe.
       Die negativen Auswirkungen des Lockdowns bekomme sein Land schon zu spüren.
       Geschlechtsspezifische Gewalt wie Diskriminierung aufgrund der
       Kastenzugehörigkeit habe zugenommen. Nepalesische Medien berichten, dass
       zudem die Selbstmordrate gestiegen ist, ebenso die Zahl der Kinderehen.
       
       ## Viele Jobs hängen am Tourismus
       
       Nepal ist eine junge Republik, die sich erst vor einem Jahrzehnt von der
       Monarchie verabschiedete. Korruption ist weiter ein großes Problem. „Im
       Moment protestieren die Menschen vor allem gegen die Regierung. Ihr
       Hauptanliegen sind finanzielle Transparenz und ein besseres Management der
       Pandemiesituation“, sagt PradipParyar.
       
       Unterdessen steigen die Lebensmittelpreise am beliebten Reiseziel für
       Bergsteiger. Der Corona-Lockdown fiel genau in die Hauptsaison im März und
       April. Viele Jobs hängen in Nepal am Tourismus, der fast völlig zum
       Erliegen gekommen ist. Touristenführer Anish befürchtet, dass sich die Lage
       erst in einem Jahr wieder bessert. Zwar öffnen immer mehr Geschäfte, doch
       die Coronafallzahl steigt.
       
       Zudem schwelt weiterhin ein Grenzkonflikt mit Indien um eine 80 Kilometer
       lange Straße im Himalaja, eine Verbindung mit China, die von Indien Anfang
       Mai eingeweiht wurde. Manche befürchten zudem den Einfluss, den Nachbar
       China auf den Binnenstaat Nepal ausübt. Indien sieht deshalb seine
       Vormachtstellung in Südasien gefährdet. Und Nepal steht wie immer zwischen
       den beiden Riesen.
       
       12 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nepalitimes.com/banner/more-anti-government-protests-in-kathmandu/
 (DIR) [2] https://twitter.com/search?q=%23Sanitizethegovernment&src=typed_query
 (DIR) [3] /Coronakrise-im-Himalaya/!5674153
 (DIR) [4] /Immer-mehr-Coronainfektionen-in-Indien/!5692152
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
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