# taz.de -- Neuer Finanzminister in Hessen: Vereidigung im Corona-Stil
       
       > Der neue CDU-Finanzminister in Hessen heißt Michael Boddenberg. Er folgt
       > auf Thomas Schäfer, der vor wenigen Tagen Suizid begangen hatte.
       
 (IMG) Bild: Corona-Abstand beim Smalltalk: Michael Boddenberg (l.) und Volker Bouffier
       
       Frankfurt am Main taz | Vor dem Plenum des Wiesbadener Landtag hat am
       Freitag der bisherige CDU-Fraktionschef, Michael Boddenberg, seinen Amtseid
       als neuer hessischer Finanzminister abgelegt. Nach der hessischen
       Verfassung bedarf jede Kabinettsumbildung der Zustimmung des Landtags.
       Deshalb mussten die Abgeordneten aus dem Osterurlaub zu einer Sondersitzung
       gerufen werden.
       
       Boddenberg folgt auf den langjährigen hessischen Finanzminister Thomas
       Schäfer, der am vergangenen Samstag aus dem Leben geschieden war. Der
       hessische Ministerpräsident, Volker Boffier, CDU, sprach von einer „in
       vieler Hinsicht mehr als außergewöhnlichen“ Landtagssitzung. Offenkundig
       war sie von der Corona-Krise geprägt.
       
       Minister und Abgeordnete saßen mit weitem Abstand, verteilt im Plenum und
       auf den Tribünen, die eigentlich für Besucher und JournalistInnen
       vorgesehen sind. Auf dem Abgeordnetenplatz des Verstorbenen stand ein
       weißes Blumenbukett und ein Porträtfoto mit Trauerflor.
       
       Landtagspräsident Boris Rhein, CDU, nannte Thomas Schäfer einen „Kollegen
       und Freund“. Dieser „Ausnahmepolitiker“ habe noch am vergangenen Dienstag
       an gleicher Stelle mit einer starken Rede, kraftvoll und anpackend,
       Hoffnung und Perspektive zu verbreiten vermocht. Da hatte der
       Finanzminister zur Bewältigung der Corona-Krise den größten
       Nachtragshaushalt eingebracht, den der hessische Landtag je beschlossen
       hat.
       
       ## Schweigeminute für den Verstorbenen
       
       „Sichtlich und spürbar“ habe Schäfer Freude daran gezeigt, politisch zu
       gestalten. Dass dieser immer humorvoll und schlagfertige Mann zuletzt
       offenbar für sich selbst keine Perspektive mehr gesehen habe, nannte Rhein
       unfassbar und unerklärlich. Mit einer Schweigeminute zeigten
       Landtagsabgeordnete aller Fraktionen ihre Betroffenheit.
       
       Erstmals seit Jahrzehnten übernimmt mit Boddenberg jetzt in Hessen ein Mann
       das Amt des Finanzministers, der nicht aus der Juristerei oder
       Wirtschaftswissenschaft kommt. Der 60jährige Vater von drei Kindern ist
       gelernter Fleischermeister. Er hat als Unternehmer Verantwortung in
       verschiedenen Lebensmittelbetrieben getragen. Lange Jahre leitete er eine
       von seinem Schwiegervater gegründete Fachschule für das Bäcker- und
       Fleischerhandwerk.
       
       Neben dieser beruflichen Laufbahn unterscheidet ihn auch sein privates
       Hobby von vielen LandtagskollegInnen. Boddenberg spielt leidenschaftlich
       gerne Gitarre, in einer Rockband ebenso wie zur Begleitung irischer
       Balladen.
       
       Boddenberg gilt als gut vernetzt und erfahren. Seit zwei Jahrzehnten sitzt
       er für seinen Frankfurter Wahlkreis im hessischen Landtag. Als
       ehrenamtlicher Stadtrat gehörte er dem Magistrat der Stadt Frankfurt am
       Main an. Er war Generalsekretär der hessischen CDU und vertrat schließlich
       von 2009 bis 2014 als Staatsminister und Bevollmächtigter des Landes das
       Bundesland Hessen in Berlin. Zuletzt war er Chef der CDU-Fraktion.
       
       ## Sitzung in zehn Minuten
       
       „Alles Gute in diesem schweren Amt“ wünschte ihm Landtagspräsident Rhein
       nach dessen Vereidigung und fügte nachdrücklich hinzu: „Wir wünschen Ihnen
       alle, dass Sie gesund bleiben“. Aus der Ferne überreichte der Präsident
       „stellvertretend für alle KollegInnen“ einen Blumenstrauß. Stehend, mit
       Abstand und mit einer kleinen Verbeugung gratulierten die KollegInnen dem
       neuen Minister.
       
       Selbst Kabinettschef Bouffier verzichtet auf das übliche Händeschütteln:
       „In diesen Zeiten gibt es keinen Handschlag“, sagte er lakonisch. Nach zehn
       Minuten war die Sitzung zu Ende, eine der kürzesten und gleichzeitig eine
       außergewöhnlich emotionale. In der Krise habe sich gezeigt, „dass uns mehr
       Gemeinsamkeit eint, als uns trennt“, stellte Landtagspräsident Rhein fest.
       
       3 Apr 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Schmidt-Lunau
       
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