# taz.de -- Corona-Pandemie und Tierschutz: Coronavirus bedroht Menschenaffen
       
       > Schon Erkältungen, die für uns normal sind, müssen Schimpansen und
       > Gorillas fürchten. Das Coronavirus könnte ihren Tod bedeuten.
       
 (IMG) Bild: Gruppe von wildlebenden Schimpansen aus dem Tai Nationalpark, Elfenbeinküste
       
       Berlin taz | Das Coronavirus könnte für die schon jetzt in ihrer Existenz
       bedrohten Menschenaffen zu einer tödlichen Gefahr werden. Denn das
       neuartige Virus könnte auch sie befallen. Schlimmer noch: Aufgrund eines
       Immunsystems, das auf andere Krankheitserreger trainiert ist, können
       Erkältungen für Schimpansen und Gorillas oft viele lebensgefährlicher sein
       als für Menschen.
       
       25 Experten für Menschenaffen haben einen Brief unterzeichnet, den das
       Magazin Nature veröffentlichte, darunter Wissenschaftler des
       [1][Robert-Koch-Instituts (RKI)] in Berlin und des [2][Max-Planck-Instituts
       (MPI) für evolutionäre Anthropologie in Leipzig]. Sie fordern unter
       anderem, dass der Tourismus zu wildlebenden Großaffen ausgesetzt und die
       Feldforschung zurückgefahren werden solle, solange der Schutz der
       Menschenaffen nicht gewährleistet ist.
       
       Gleichzeitig solle dafür gesorgt werden, dass die Arterhaltung maximiert
       werde und die Einnahmeverluste der betroffenen Länder in Afrika und Asien
       nicht zu sehr anstiegen. Auch auf die Gefahr von wiederauflebender Wilderei
       wiesen die Wissenschaftler hin. Dies könne eintreten, wenn die Überwachung
       der Menschenaffen zu stark reduziert würde. Bisher wurde noch nicht von
       Übertragungen von Sars-CoV-2 auf Menschenaffen berichtet.
       
       Roman Wittig vom Leipziger MPI ist Leiter eines
       Schimpansen-Forschungsprojekts an der Elfenbeinküste und ein Unterzeichner
       des Briefs. Für ihn ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Übertragung des
       Coronavirus auf Großaffen schwere Konsequenzen hätte, es könne sogar der
       „Super-GAU“ sein.
       
       ## Nahe genetische Verwandtschaft
       
       Die Übertragung sei möglich durch die nahe genetische Verwandtschaft und
       ähnliche Physiologie zum Menschen. Gerade dadurch seien auch die
       Krankheitsverläufe oft ähnlich, doch für die Affen gravierender. Ein
       Schnupfen, der beim Menschen nur leichte Symptome auslöse, könne für
       Schimpansen schon tödlich sein.
       
       2008 wurde erstmals nachgewiesen, dass Menschen Viruskrankheiten auf
       wildlebende Schimpansen übertragen können und diese bei ihnen deutlich
       häufiger tödlich verlaufen. Im Jahre 2016 wiederum berichtete ein
       wissenschaftlicher Artikel von der Übertragung des humanen Coronavirus
       (HCoV-OC43) auf eine Gruppe wildlebender Schimpansen.
       
       ## Fehlende Immunität
       
       Auch die fehlende Immunität von Menschenaffen gegen Krankheiten, mit denen
       der Mensch vertraut ist, spiele hier eine Rolle. Wittig nennt als
       vergleichbares Beispiel das Sterben der amerikanischen Ureinwohner,
       ausgelöst von Krankheiten, welche die europäischen Eroberer einschleppten.
       
       Durch die Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Großaffen sei die Möglichkeit
       gegeben, dass ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 auch bei ihnen wirken könne.
       Allerdings sei die Verabreichung der Medizin bei wildlebenden Tieren sehr
       schwierig.
       
       ## Immerhin gibt es erste Schutzmaßnahmen
       
       Der Forscher beobachtet, dass der Tourismus in einigen Ländern Afrikas
       bereits eingeschränkt wurde: Der Gorilla-Tourismus in Gabun sei bereits
       gestoppt worden, dazu müssten Wildhüter vor Betreten der Affenterritorien
       eine 14-tägige Quarantäne absolvieren. Wittig sagt, „die
       Schutzbedürftigkeit der Tiere wurde dort klar erkannt“.
       
       In einem 2017 veröffentlichten Report wurde festgestellt, dass von 504
       Primatenarten auf der Welt ungefähr 60 Prozent in ihrer Existenz bedroht
       waren. Bei knapp 75 Prozent aller Arten waren die Populationszahlen
       rückläufig.
       
       Wittig nennt als Beispiel den Westafrikanischen Schimpansen, dessen
       Population in einem Zeitraum von 20 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen
       ist. Eine besondere Gefahr für Menschenaffen sei in Afrika die Wilderei.
       Die Affen würden für ihr Fleisch gejagt, um ihre Jungtiere
       weiterzuverkaufen oder um traditionelle Medizin herzustellen. Um
       gegenzusteuern, müsste man die Illegalität der Wilderei verdeutlichen, die
       Affen besser beschützen und der Bevölkerung andere Einkommensmöglichkeiten
       bieten.
       
       31 Mar 2020
       
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