# taz.de -- nordđŸŸthema: „Es ist familiĂ€r, und die Leute fĂŒhlen sich wohl“
       
       > Auf Hamburgs winzigem Mennonitenfriedhof herrschen Ruhe und Toleranz.
       > Deshalb werden dort auch nicht nur Gemeindemitglieder bestattet
       
 (IMG) Bild: Schön privat: der Mennonitenfriedhof
       
       Von Philipp Steffens
       
       Nicht mal 7.000 Quadratmeter misst der Mennonitenfriedhof im Hamburger
       Stadtteil Bahrenfeld, gelegen zwischen einer Firma fĂŒr GerĂŒstbau und
       einem GewĂ€chshaus. Aufgrund seiner GrĂ¶ĂŸe ist der Friedhof sehr ruhig, was
       von der Gemeinde geschĂ€tzt wird: „Er ist klein und familiĂ€r, die Leute
       fĂŒhlen sich dort wohl“, sagt GemeindesekretĂ€rin Manuela Bolick. „Diese
       Vorstellung verbinden sie dann auch mit der Ruhe fĂŒr die Angehörigen“,
       pflichtet Pastor Markus Hentschel bei.
       
       Seit 1936 befindet sich die RuhestÀtte der Mennoniten, einer evangelischen
       Freikirche, die sich auf die TĂ€uferbewegungen der Reformationszeit beruft,
       in Bahrenfeld, nachdem sie aus Altona dorthin umgezogen war. Der kleine
       Friedhof hat keine Kapelle, weshalb die Gemeinde manchmal die des
       benachbarten evangelischen Friedhofs mitnutzt.
       
       300 bis 350 Menschen werden hier jÀhrlich beigesetzt, die meisten keine
       Gemeindemitglieder. Insgesamt beherbergt der Friedhof ungefÀhr 7.000
       GrabstÀtten, meist UrnengrÀber.
       
       Die Zahl der anonymen Bestattungen hat auch hier zugenommen. Das liegt
       einerseits daran, dass es preisgĂŒnstig ist. Andererseits wohnen Angehörige
       oft weit entfernt und können das Grab nicht pflegen. Da scheint ein
       Urnengrab problemloser. Das RasenmÀhen und Ordnunghalten auf dem Friedhof
       ĂŒbernimmt in diesen FĂ€llen die Gemeinde.
       
       „Einige Angehörige sagen von sich aus: Ich will keine MĂŒhe machen“, sagt
       Pastor Hentschel. Er sieht diese BegrĂŒndung kritisch: Der Respekt gegenĂŒber
       Toten sei nĂ€mlich oft Indikator des Respekts fĂŒr die Lebenden.
       Andererseits spiegele die Zunahme anonymer Bestattungen die sich
       verÀndernden Lebensstile des modernen Menschen wider. Vor einigen Jahren
       waren UrnenbegrÀbnisse noch seltener, manche Friedhöfe boten sie gar nicht
       an. Inzwischen wandelt sich der Ort der Toten mit den BedĂŒrfnissen der
       Lebenden.
       
       Bei anonymen Bestattungen erinnert spÀter nichts mehr an die Verstorbenen.
       Trotzdem findet Hentschel auch hier ein respektvolles BegrÀbnis wichtig:
       Auch wenn es bei anonymen UrnenbegrÀbnissen keine Bestattungszeremonie
       gibt, verliest er im Anwesenheit des FriedhofsgÀrtners zumindest die Namen
       der Toten und betet das Vaterunser. So soll auch den Ungenannten ein
       wĂŒrdevoller Abschied bereitet werden.
       
       Einen starken Kontrast dazu bieten 41 GrÀber aus dem spÀten 17.
       Jahrhundert, die sich gleichfalls auf diesem Friedhof finden. Sie stellen
       den direkten Bezug zur Herkunft der kleinen mennonitischen Gemeinde her.
       GegrĂŒndet haben sich die Mennoniten im 16. Jahrhundert in Friesland; der
       Theologe Menno Simons (1496–1561) war hierbei federfĂŒhrend und auch der
       Namensgeber. SpÀter siedelten sie sich auch im damals dÀnischen Altona
       an.
       
       Auf einer eigens eingerichteten Webseite sind die historischen GrÀber
       detailliert aufgelistet. Die schlichten Grabtafeln wurden abfotografiert
       und die Inschriften, wenn nötig, ĂŒbersetzt. Zudem wurde die jeweilige
       Familiengeschichte aufbereitet und bietet einen direkten Einblick in die
       Herkunft der Hamburger Mennoniten.
       
       FĂŒr Hentschel sind die alten GrĂ€ber eine Verbindung zur Vergangenheit
       seiner Gemeinde: „Das ist bedeutsam, weil sich manche Familien immer noch
       damit verbunden fĂŒhlen. Es ist ein Teil der mennonitischen Geschichte und
       des Netzwerkes von Mennoniten in der Vergangenheit.“
       
       Diese Verbundenheit drĂŒckt sich auch in der kommunalen Arbeit auf dem
       Friedhof aus. Zweimal jÀhrlich gibt es einen Aktionstag, an dem ein
       Dutzend der 360 Gemeindemitglieder die GrabstĂ€tten pflegt. „Der Friedhof
       ist Teil unserer Gemeindearbeit. Ich sorge auch dafĂŒr, dass der Friedhof in
       ein, zwei Gottesdiensten prĂ€sent ist“, sagt Pastor Hentschel.
       
       Diese enge Verbindung ist fĂŒr die Gemeinde wichtig. Nicht nur, dass die
       FriedhofsgebĂŒhren fast die HĂ€lfte des Gemeindehaushaltes ausmachen: Der
       Friedhof ist auch Identifikationspunkt der Mennoniten. Die definiert sich
       auch ĂŒber die Toleranz alternativen Trauerriten gegenĂŒber. Zudem sind hier
       auch Angehörige anderer Religionen bestattet.
       
       „Man kann dazu beitragen, dass Menschen Abschied nehmen können und die
       Verstorbenen nicht einfach verschwinden, sondern gewĂŒrdigt werden,“ erklĂ€rt
       Hentschel. „Wir wollen, dass der Friedhof weiterhin so gut angenommen wird.
       Deshalb mĂŒssen wir Geduld, Arbeit und Genauigkeit einbringen“, ergĂ€nzt er.
       Es funktioniert: „Mich rufen Leute an und fragen, ob sie schon einen Platz
       reservieren können, weil sie schon genau wissen, wo die hin wollen“,
       berichtet GemeindesekretÀrin Manuela Bolick.
       
       Weitere Informationen: www.mennoniten-hamburg.de
       
       21 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Steffens
       
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