# taz.de -- wie machen sie das?: Zahnärztin für Pferde
       
       Nicole Richter ist Pferdezahnärztin. Sie praktiziert in Berlin. 
       
       taz am wochenende: Frau Richter, mitunter müssen Sie ausgewachsenen
       Hengsten einen Backenzahn ziehen. Wie machen Sie das? 
       
       Nicole Richter: Ich habe alles in meinem Auto, eine mobile Praxis. Erst mal
       mache ich mir ein Bild über den Gesundheitszustand des Pferdes, wenn nötig,
       sediere ich es. Das ist meist unerlässlich, weil es sonst viel zu
       gefährlich ist – für das Pferd, aber auch für die, die drum rumstehen. Das
       Pferd hält ja das Maul nicht freiwillig auf. Es bekommt ein Metallgestell,
       dann ist es nicht mehr in der Lage, das Maul zu schließen, wenn mein Arm
       drin ist.
       
       Wann braucht ein Pferd einen Zahnarzt? 
       
       Wenn man darauf wartet, dass das Pferd nicht mehr fressen kann, dann hat
       man drei Jahre verpennt. Die allermeisten Pferde brauchen eine jährliche
       bis zweijährliche Kontrolle des Gebisses. Die Zähne des Pferdes schieben
       sich im Laufe des Lebens raus aus dem Zahnfleisch, sie wachsen nicht, wie
       bei Kaninchen. Wenn das nicht gleichmäßig passiert, dann kann es
       schmerzhaft werden. Wenn das Pferd zum Beispiel einen Überbiss hat, bleiben
       an den Unterkieferzähnen hinten und an den Oberkieferzähnen vorne so
       richtige schöne Haken stehen. Die behindern die Kaufähigkeit des Pferdes.
       Die Zähne schleife ich dann ab. Als Ultima Ratio muss ich auch manchmal
       Zähne ziehen.
       
       Wie sind Sie auf diesen Beruf gekommen? 
       
       Mein allererstes Pferd ist gestorben, weil es einen Überbiss hatte, der
       nicht entdeckt wurde. Es konnte nicht mehr fressen.
       
       Sie wollen Tieren helfen? 
       
       Das ist immer noch meine Motivation. Ganz romantisch. Das mit meinem Pferd
       ist in den 90ern passiert, und damals gab es keine Zahnmedizin mehr für
       Pferde in Deutschland.
       
       Nicht mehr? 
       
       Bis zum Zweiten Weltkrieg gab es sie, dann ist sie mit der Kavallerie
       ausgestorben. Wir mussten uns das Wissen aus Übersee wieder aneignen.
       
       Ist PferdezahnärztIn ein geschützter Beruf? 
       
       Leider nein. Es gibt auch kein Studium zum Pferdezahnarzt. Es gibt
       Pferdedentalpraktiker, die haben teilweise gar keine medizinische
       Ausbildung. Das kann man sich in Vier- bis Sechswochenkursen aneignen, dann
       kann man sich so nennen. Es wird leider relativ viel Schindluder getrieben
       auf dem Gebiet.
       
       Teilen Pferde die menschliche Angst vor dem Zahnarzt? 
       
       Die meiste Angst haben die Pferde tatsächlich vor der Spritze zum
       Einschlafen. Die Behandlung selbst kriegen sie dann ja gar nicht mehr so
       richtig mit. Die, die dann mal Nervenflattern kriegen, sind eher die
       Besitzer, die daneben stehen. (lacht) Oft sagen sie zu ihrem Pferd: „Keine
       Sorge, ich hasse Zahnärzte auch.“ Interview:
       
       Johann Aschenbrenner
       
       21 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johann Aschenbrenner
       
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