# taz.de -- Die Wahrheit: Reiche auf der Flucht
       
       > Neues aus Neuseeland: Bislang galt Aotearoa als halbwegs coronasicherer
       > Hafen, doch auch down under steigen die Infektionsfälle.
       
       Immer sind wir die Abgelegenen, von der großen Welt übersehen, die Letzten
       – und deshalb plötzlich die Besten. Mode, Food-Trends, Terror – alles kommt
       gefühlte zehn Jahre später bei uns an. In den Coronavirus-Zeiten sind es
       lediglich ein paar Wochen Nachzug, aber immerhin. Das Land der langen
       weißen Wolke ist die Insel, wohin man jetzt gern flüchtet, weil es hier
       bisher nur 20 Fälle gibt.
       
       Voriges Wochenende setzte unsere Führerin Jacinda die Große eine drastische
       Maßnahme in Kraft: Ab sofort muss sich jeder, der einfliegt – ob
       Einheimischer oder Tourist – ab der Ankunft für zwei Wochen komplett
       abschotten, bevor er sich frei in Aotearoa bewegen darf. Was zu einem
       Ansturm auf Airbnb führte, denn Jugendherbergszimmer sind nicht
       quarantänetauglich.
       
       Zwei Touristen, die am Montag in Christchurch landeten, checkten mit
       Gesichtsmasken bekleidet in einem Backpacker-Hostel ein, um dort ihre
       Isolation abzusitzen – mit Gemeinschaftsküche und -bad. Symptome hatten sie
       keine, in Berührung mit anderen kamen sie auch nicht. Am nächsten Morgen
       rückte jedoch die Gesundheitsbehörde an und dann die Polizei, um die beiden
       ins nächste Flugzeug zu setzen. Ab sofort wird deportiert, wer sich nicht
       ordentlich isoliert.
       
       Da haben es amerikanische Millionäre leichter, die mit Privatjets
       angerauscht kommen und sich in Luxusvillen und auf Landsitzen verschanzen.
       Seit dem 11. September und dank der Klimakatastrophe ist Neuseeland ein
       Zufluchtsort für Reiche, vor allem aus den USA, die sich als
       Doomsday-Prepper unser Inselreich ausgewählt haben, wenn es weltweit
       ungemütlich wird: guter Wein, mildes Klima, keine wilden Tiere – ein
       Paradies.
       
       In den letzten Wochen hat der Zustrom der ausländischen Jetsetter
       zugenommen. Wie der New Zealand Herald berichtete, hilft Luxusmakler Graham
       Wall in Auckland zurzeit zwei Milliardären, in Aotearoa Fuß zu fassen. „Ich
       habe Anrufe von Leuten bekommen, die hier hinwollen“, so Wall, der gerade
       einer Gruppe die Bay of Islands zeigte. „Sie glauben, dass Neuseeland der
       beste Ort ist, um den Virus auszusitzen.“
       
       Seine Kunden wollten am liebsten sofort etwas kaufen. Das ist gesetzlich
       für Ausländer jedoch nicht so einfach möglich, daher wird gemietet, aber
       mit Meeresblick. Mit dem Besuchervisum darf man drei Monate bleiben – wenn
       nicht die Grenzen noch ganz zugemacht werden wie in Europa. Das wäre aber
       nicht das Schlimmste für Walls Edelklienten: „Eine alte Dame in den
       Achtzigern sagte zu mir: 'Wenn wir in Neuseeland stecken bleiben, würde
       mein Traum erfüllt.“
       
       Die Betuchten, die jetzt in den Alpinort Queenstown flüchten, haben jedoch
       Pech. Ausgerechnet dort wurde der erste Covid-19-Fall der Südinsel
       entdeckt: ein Däne, der aus Katar landete, einen Bungee-Jump machte, in
       einem Restaurant aß und dann schließlich über Nacht im Krankenhaus endete.
       Jetzt ist er in Quarantäne – in einem Wohnmobil auf dem Campingplatz.
       
       19 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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