# taz.de -- Der Beweis für eine Revolution
       
       > Der Dokumentarfilm „For Sama“ wurde für den Oscar nominiert. Er zeigt
       > Kampf und Fall Aleppos
       
       Es ist dunkel, in der Nähe sind Schüsse zu hören. Ein schmaler Weg führt
       zwischen den Fronten in das belagerte Ost-Aleppo. Eine junge Frau und ihr
       Mann wollen unbedingt in den Teil der Stadt, aus dem so viele andere
       flüchten. An die Brust des Mannes ist ihre wenige Monate alte Tochter Sama
       geschnallt. Sie kommt mit dorthin, wo es täglich Fassbomben und
       Panzergranaten regnet.
       
       Waad und Hamza Al-Kateab (beide nutzen Pseudonyme, da sie Familie in Syrien
       haben) gehörten 2016 zu den Letzten, die sich nach der
       Kapitulationsvereinbarung aus Ost-Aleppo evakuieren ließen. Im
       Dokumentarfilm „For Sama“ erzählen sie ihre Geschichte. „Sama, ich habe
       diesen Film für dich gemacht“, wendet sich Waad Al-Kateab zu Beginn des
       Films an ihre Tochter. „Du sollst verstehen, wofür wir kämpften.“ Die heute
       29-Jährige filmte ihren Alltag in Aleppo von den ersten Protesten 2011 über
       die Befreiung Ost-Aleppos bis zur Rückeroberung durch Assads Truppen Ende
       2016.
       
       Zusammen mit dem britischen Regisseur Edward Watts hat sie die
       stundenlangen Aufzeichnungen gesichtet. „For Sama“ wurde für den Oscar
       nominiert und in Cannes als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Waad
       Al-Kateab, braunes Haar, blaue Augen, ist zwanzig und studiert Wirtschaft
       in Aleppo, als die ersten Demonstrationen 2011 beginnen. Sie filmt diese
       zunächst mit einer Handykamera, will den regimetreuen Medien etwas
       entgegensetzen. 
       
       „Sie taten so, als wäre nichts passiert“, sagt sie bei einem Treffen in
       Berlin. „Wir wollten beweisen, dass es eine Revolution gibt.“ Sie zieht in
       den seit 2012 von Rebellen kontrollierten Osten Aleppos. Und lernt dort den
       Arzt Hamza Al-Kateab kennen, wird ihn heiraten. Hamza Al-Kateab ist einer
       der wenigen Ärzte, die in der belagerten Stadt ausharren und dort das
       einzige Krankenhaus betreiben. Während er die Verletzten behandelt oder
       Tote in blaue Tücher hüllt, ist Waad an seiner Seite und filmt. „Ich wollte
       unsere Geschichten retten, falls wir selbst nicht lebend dort rauskommen
       sollten.“
       
       Ein endloser Strom verletzter Menschen landet auf den Bahren von Hamzas
       Team. Schließlich wird das Krankenhaus selbst durch einen Luftangriff
       zerstört. Zwischen all dem Grauen bringt Waad Al-Kateab ihr erstes Kind zur
       Welt, Sama. Sie habe oft Zweifel gehabt, ob das Filmen in dieser Situation
       einen Sinn habe, sagt sie. Filmen will Al-Kateab heute nicht mehr. „Ich
       glaube nicht, dass ich das nach Aleppo noch kann. Meine Kamera habe ich
       verschenkt.“ 
       
       Ihr Filmmaterial hat sie dem International Impartial and Independent
       Mechanism (IIIM) übergeben, der Informationen über die Verbrechen in Syrien
       für künftige Strafprozesse sammelt. Außerdem arbeitet sie an einer Klage
       gegen Russland und das Assad-Regime wegen den gezielten Angriffen auf
       Krankenhäuser in Syrien. Mit der Kampagne Action For Sama sammelt sie Geld
       für Krankenhäuser in Syrien. Waad und Hamza Al-Kateab leben heute in
       Großbritannien. Ihre Tochter Sama ist inzwischen vier Jahre alt – und hat
       eine kleine Schwester.
       
       Hannah El-Hitami 
       
       „For Sama“. Dokumentarfilm von Waad al-Kateab und Edward Watts. 95 Minuten,
       Syrien/GB 2019
       
       14 Mar 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannah El-Hitami
       
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