# taz.de -- Verurteilung im Fall Trinh Xuan Thanh: Geständnis und Glaubwürdigkeit
       
       > Das Urteil gegen einen Entführungshelfer ist rechtskräftig. Nun bemüht
       > sich die Anwältin um die Freilassung Trinh Xuan Thanhs aus
       > vietnamesischer Haft.
       
 (IMG) Bild: In Berlin entführt, in Hanoi verurteilt: der vietnamesische Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh
       
       Berlin taz | Das Urteil des Berliner Kammergerichts von 2018 gegen einen
       Entführungshelfer des vietnamesischen Ex-Politikers [1][Trinh Xuan Thanh]
       ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat eine Revision des Verurteilten
       zurückgewiesen. Das teilten der Anwalt des Betroffenen, Stephan Bonell, und
       die Nebenklagevertreterin Petra Schlagenhauf der taz mit.
       
       Long N. H. wurde im [2][Sommer 2018] zu einer Freiheitsstrafe von drei
       Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Kammergericht sah es als erwiesen
       an, dass der in Prag lebende Mann mehrere Fahrzeuge angemietet hatte, die
       für die Entführung und die Verbringung des Entführungsopfer außer Landes
       genutzt wurden, und dass er auch auf andere Weise den Drahtziehern des
       vietnamesischen Geheimdienstes geholfen hatte.
       
       [3][Trinh Xuan Thanh], ein abtrünniger ehemaliger vietnamesischer
       Parteifunktionär, war im Sommer 2017 durch den vietnamesischen Geheimdienst
       von Berlin nach Hanoi entführt worden, wo er zu einer lebenslangen
       Haftstrafe wegen Korruption und Misswirtschaft verurteilt wurde.
       
       ## Mildes Urteil
       
       Die Drahtzieher der Entführung, darunter der eigens aus Vietnam angereiste
       damalige Vizechef des vietnamesischen Geheimdienstes Duong Minh Hung,
       hatten sich rechtzeitig nach Vietnam abgesetzt oder sie genossen als
       Diplomaten Immunität vor Strafverfolgung. Im Prozess vor dem Berliner
       Kammergericht wurde deutlich, dass die Bundesanwaltschaft gegen mindestens
       vier weitere Männer ermittelte. Ob das heute noch der Fall ist, ist unklar,
       weil die Bundesanwaltschaft zu Ermittlungen generell keine Auskünfte
       erteilt.
       
       Der verurteilte Long N. H. kam mit einem relativ milden Urteil davon, weil
       er ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte und damit die
       Gerichtsverhandlung abkürzte. Das Geständnis kam allerdings zu einem
       Zeitpunkt, als es an seiner Verurteilung keinen Zweifel mehr gab, zu
       erdrückend waren die Beweise. Doch genau dieses Geständnis war
       Streitgegenstand in der Revision.
       
       Long N. H. hatte mehrere Verteidiger, die aber eher gegeneinander
       arbeiteten als miteinander. Das Team um den Berliner Alexander Sättele
       hatte den Vietnamesen aus juristischen Gründen zum Geständnis gedrängt: Das
       verkürzte die ausstehende Haftstrafe, die sicher erschien.
       
       Der Leipziger Anwalt Stephan Bonell hingegen wollte das in seinen Augen
       „unglaubwürdige“ Geständnis lange verhindern und dann zurückziehen. Weniger
       aus juristischen denn aus politischen Gründen. „Ohne das Geständnis würde
       mein Mandant in Vietnam nicht als Verräter dastehen“, hatte Bonell damals
       der taz gesagt.
       
       ## Geständnis schadet der Glaubwürdigkeit
       
       Was er nicht sagte: Das Geständnis schadete vor allem der Glaubwürdigkeit
       des vietnamesischen Staates. Denn damit hatte erstmals ein Tatbeteiligter
       eingestanden, dass Trinh Xuan Thanh durch den vietnamesischen Geheimdienst
       entführt wurde. Die Regierung in Hanoi bestreitet das bis heute und
       behauptet eine freiwillige Rückkehr eines reuigen Straftäters Thanh.
       
       Die Revision hatte dem Verurteilten letztlich geschadet. Denn er musste
       länger in der Untersuchungshaftanstalt bleiben, wo die Haftbedingungen
       ungünstiger sind als in normalen Gefängnissen. In den nächsten Tagen will
       Verteidiger Bonell beantragen, seinen Mandanten aus der Haft zu entlassen
       und ihm die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Das ist nach Verbüßung
       von zwei Dritteln der Haftstrafe möglich. Bonell geht davon aus, dass Long
       N. H. zu seiner Familie nach Prag zurückkehrt.
       
       Die Anwältin des Entführungsopfers, Petra Schlagenhauf, fordert angesichts
       des Urteils die Bundesregierung auf, ihre Bemühungen um die Freilassung von
       Trinh Xuan Thanh aus vietnamesischer Haft fortzusetzen. Denn jetzt hätte
       das höchste deutsche Strafgericht erneut festgestellt, „dass es sich bei
       der Entführung meines Mandanten um ein völkerrechtswidriges Verhalten des
       vietnamesischen Staates handelt“ und dass seine Inhaftierung in Vietnam
       wegen der vorausgegangenen Entführung aus deutscher Sicht rechtswidrig war.
       
       29 Jan 2020
       
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 (DIR) Marina Mai
       
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