# taz.de -- White Wine Against WhitePower
       
       > Christina Molitor und Hubi Dötsch aus der fränkischen Provinz kommen zum
       > taz lab und bieten mit „Wine for Punx – and everyone else“ eine ganz
       > eigene Weinprobe an
       
 (IMG) Bild: Der Veranstalter Hubi Dötsch und die Winzerin Christina Molitor von „Wine for Punx – and everyone else“ aus Volkach an der Mainschleife in Franken
       
       Interview Shayna Bhalla
       
       taz am wochenende: „Wine for Punx – and everyone else“, was ist das genau
       und wer steckt dahinter?
       
       Hubi Dötsch: Wir sind in Volkach an der Mainschleife, in Franken zu Hause.
       Ich komme aus der örtlichen „Dorfpunkszene“ und veranstalte seit Jahren
       dort Konzerte. Das fing alles vor ein Paar Jahren an, als ich die Bands vor
       ihren Konzerten oft mit auf eine Stadtführung genommen habe. Dazu gehörte
       auch, dass wir einen Bocksbeutel Silvaner in der Altstadt verkostet haben.
       Das ist der örtliche Wein, der hier angebaut wird. Und heute ist das
       Projekt „Wine for Punx“ daraus geworden.
       
       Christina Molitor: Ich komme aus dem traditionellen Familien Weingut Thomas
       Molitor in Nordheim am Main, das ich von meinem Vater übernommen habe. Wein
       kann man nicht neu erfinden, aber ich kann durch das Projekt „Wine for
       Punx“ Traditionelles mit Neuem verbinden: junge Leute zum Wein bewegen, und
       ihn generell zugänglicher machen.
       
       Dötsch: Aber nicht nur junge Menschen. Wir waren neulich in einem linken
       Kneipenkollektiv in Nürnberg, und da war das Publikum sehr gemischt,
       altersmäßig. Das sind Neulinge, die haben einfach Interesse.
       
       Und diese Neulinge fühlen sich bei euch wohler, wieso? 
       
       Molitor: Es spielt letzendlich keine Rolle wer vor dem Weinglas sitzt: Alle
       sind gleich und sitzen an einem Tisch dabei. Dieses typische Klischee vom
       Weinverkosten fällt einfach weg. Wenn man einen Wein erklärt, muss man
       nicht in einer hochgestochenen Sprache sprechen, nur damit es schön klingt.
       Es soll Spaß machen, und jede:r kann selber entscheiden was im Glas ist,
       und wie man das findet. Es ist schön, dass man miteinander ins Gespräch
       kommt, obwohl sich die Leute sonst so vielleicht nicht begegnen würden. Ein
       Wein verbindet Leute, unkompliziert und einfach.
       
       Dötsch: Außerdem, ist bei der Verkostung keine Frage tabu. Wenn jemand
       sagt: „Ich merke keinen Unterschied zum 1,49-Euro-Tetrapak-Wein“, dann ist
       das eben so. Oft sitzen wir nach Weinproben noch lange zusammen und es
       tauchen mehr Fragen auf: Bei diesem Projekt ist viel Herzblut dabei.
       
       Wie sind die Reaktionen von Klient:innen, gerade auch aus dem provinziellen
       Franken? 
       
       Dötsch: Wir werden ab und zu belächelt, darüber wie wir uns in unserer
       Broschüre und Online politisch präsentieren: wir sind eigentlich zu Allem
       bereit, aber Menschenfeind:innen aller Art möchten sich eine Anfrage doch
       bitte sparen. Deswegen auch unser Wahlspruch: White Wine against White
       Power.
       
       Molitor: Als Frau in einer männerdominierten Branche muss man sich schon
       mehr durchsetzen, aber es gibt zum Glück immer mehr Winzerinnen. Auch der
       Generationenkonflikt ist spürbar. Die Leute sagen: „Oh, jetzt hat die
       Tochter das Weingut übernommen, verändert und erweitert das Repertiore, um
       experimentellere und modernere Weine anzubieten.“ Das kann die
       Traditionskundschaft zum Teil schon abschrecken, aber die kriegen natürlich
       weiterhin ihren Standardschoppen und sind damit zufrieden.
       
       Könnt ihr was zur Weinszene generell sagen?
       
       Dötsch: Ich merke schon, dass namedropping und Preise in liquiden Kreisen
       eine wichtige Rolle spielen. Wein als Statussymbol ist immer noch en vogue,
       und das vor allem in der High Society. Dabei ist es ein tolles
       Naturprodukt, das zu schade ist um nur von einer versnobbten Schickeria
       getrunken und genossen zu werden. Vieles innerhalb der Weinszene ist sehr
       prätentiös, doch auch dies ist momentan einem Wandel unterlegen, junge
       Winzer:innen geben ihr Bestes dafür.
       
       Tragt ihr mit eurem Projekt zu einer gesellschaftlichen Veränderung bei? 
       
       Tatsächlich. Das ist „Klassenentzerrung“ auf einfachster Ebene. Bei uns ist
       jede:r ausdrücklich willkommen. Egal ob arm oder reich, Mann oder Frau,
       scheißegal. In erster Linie wollen wir Freunde werden. Es ist ein sozialer
       Moment, wenn wir neue Gäste kennenlernen oder neue Bands. In der Hoffnung,
       dass sie sich danach auch mal trauen, bei einer:einem Winzer:in zu
       klingeln, um den Kontakt zu etwas vermeintlich Elitärem aufzunehmen.
       
       Ist „Wine for Punx – and everyone else“ nur Marketing? 
       
       Dötsch: Nein. Wir „arbeiten“ leidenschaftlich, non-profit und politisch.
       Und Christina hat wirklich geile Weine am Start.
       
       Molitor: Aber natürlich schmeckt kein Wein jede:m, das wäre verpönt zu
       sagen. Aber ich gebe trotzdem mein Bestes, tolle Weine zu machen.
       
       15 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Shayna Bhalla
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA