# taz.de -- Hertha und Klinsmann gehen getrennte WegeJenni Wulfhekel trauert: Ach, uns Jürgen
       
       HaHoHe, Euer Jürgen! Mit diesem bestimmt lieb gemeinten Gruß verabschiedet
       sich Cheftrainer Jürgen Klinsmann am Dienstag von den Hertha-Fans – und
       beraubt Berlin um einen Hollywoodfaktor.
       
       Nicht mal drei Monate durfte sich die blasse Hertha in der Umlaufbahn vom
       1. FC Union bewegen. Mithilfe des Investors Windhorst hat man sich im
       Westen Berlins aus der egalen Mittelmäßigkeit emanzipiert und weltmännisch
       vor den großen Bruder im Osten drängen wollen.
       
       Während der Aufstiegsjubel um den 1. FC Union längst abgeklungen ist, wurde
       bei der Hertha installiert: ein Geldgeber mit Fantasieetat, der seinen
       Wunschtrainer gleich mitbringt, das zunächst grotesk anmutende Amt des
       Performance-Managers in Gestalt von Arne Friedrich und als besonderes
       User-Erlebnis regelmäßige Facebook-Livechats mit dem Cheftrainer zum
       Anfassen.
       
       Überhaupt hat sich der 55-Jährige über alle Maßen bemüht, dem gemeinen Fan
       und Berliner zu signalisieren: Ich find das hier geil, ich bin Teil von
       euch … Begeistert und mit großen Augen filmt er zum Heimspieldebüt die
       Ostkurve ab, lädt das Handyvideo auf soziale Netzwerke hoch. Auch die
       abendlichen Spaziergänge und Laufrunden durch die Hauptstadt landen im
       Netz. Es kommt der tatsächliche Verdacht auf, ihm gefalle die Stadt.
       
       Ähnlich unkonventionell verkündet Klinsmann nun seinen Rücktritt an die
       Fans, als persönliche Botschaft über Facebook. Eine bemerkenswerte Wahl der
       Kommunikation. Gekennzeichnet mit dem Schlachtruf der Herthaner „HaHoHe“ –
       als würde er sagen wollen, verzeiht mir, wenigstens ihr Fans, aber
       sportlich geht es hier nicht mehr weiter. Der Verein sei am Morgen vom
       Rücktritt überrascht worden, heißt es später. Hat man denn in der
       Geschäftsstelle kein Facebook?
       
       Wurde der moderne Wandel des Berliner Clubs in den vergangenen Jahren
       mindestens belächelt, bisweilen von Anhängern angefeindet, hat der Ausbau
       zu einem Big City Club mit der kurzen Amtszeit ihres Trainers ein bizarres
       Ende gefunden. Berlin scheint nicht bereit für einen zweiten Weltverein.
       
       Wenn Union bereits Champions League spielt und von den 224 zur Verfügung
       gestellten Millionen beim einst sympathischen Familienklub nur Goldstaub
       bleibt, wird man sich in Charlottenburg wehmütig an die schönsten 76 Tage
       der Vereinsgeschichte zurückerinnern. Wisst ihr noch, als Lars Windhorst
       mit einer Geldkanone über die Straße des 17. Juni flog? Klinsmann wird im
       Aufsichtsrat sitzen und dem „spannendsten Fußballprojekt Berlins“
       nachweinen.
       
       leibesübungen
       
       12 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Wulfhekel
       
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