# taz.de -- Die Wahrheit: Verdrehte Jacinda
       
       > Neues aus Neuseeland: Meninisten wollen „Jacinda Ardern“ umdrehen –
       > jedenfalls das gleichnamige Buch. Mit #returnArdern gibt es schon eine
       > Antwort.
       
       Während Australiens Premierminister Scott Morrison von Feuerwehrleuten und
       Flüchtenden verflucht wird, tobt bei uns in Neuseeland ein stiller Kampf um
       die Premierministerin. Oder besser um das Papier, auf das ihr Gesicht
       gedruckt wird. Letztes Jahr wurde Jacinda Arderns Konterfei mit Kopftuch
       nach dem Moschee-Attentat auf einen Wolkenkratzer in Dubai gestrahlt. Aber
       viele wollen sie jetzt nicht mal mehr verkleinert sehen.
       
       Ende Oktober erschien das Buch „Jacinda Ardern“, die unautorisierte
       Biografie der Premierministerin. Kein unkritischer Lobgesang, sondern eine
       schlaue Analyse aus feministischer Sicht. Autorin Michelle Duff, eine der
       besten #MeToo-Reporterinnen im Lande, konnte Ardern zwar nicht interviewen,
       aber Parallelen zu ihrer eigenen Rolle als doppelbelastete Mutter ziehen.
       
       Kaum lag das Buch in den Läden, formierte sich eine „[1][meninistische]“
       Protestbewegung. Männer posteten unter dem Hashtag #TurnArdern Videos, auf
       denen sie beherzt nach einem Jacinda-Buch greifen und den Titel wegdrehen:
       „Turn Ardern“ – dreht Ardern um. Auch Zeitschriften, die die Politikerin
       auf dem Titel hatten, sollten nicht mehr zu sehen sein. Statt
       Bücherverbrennung gefilmte Bücherverdrehung.
       
       International ist Neuseelands Premierministerin eine Ikone – der weibliche
       Anti-Trump. Viele Kiwis hadern jedoch nicht nur mit ihrer Innenpolitik,
       sondern vor allem mit der Tatsache, dass sie als junge Frau Macht hat und
       sich dabei auch noch strahlend fotografieren lässt. Dieser Hasseffekt,
       ähnlich wie bei Greta Thunberg, befällt ausschließlich Männer eines
       bestimmten Alters. Deren Untergrundbewegung hat laut eigenen Angaben
       „Tausende Unterstützer“ und 200 Tatbereite.
       
       ## Turn, Return, Rotate
       
       Im Dezember wurde der Anführer der Gesichtsverdreher geoutet: Ein
       66-jähriger Maurer, der sich als Aktivist für Männer sieht. Laut
       [2][Guardian ] bekam Colin Wilson sogar Morddrohungen, als sein Name
       bekannt wurde. Seine subversive Aktion wurde zum Trend bei Twitter. Prompt
       entstand die Gegenbewegung #ReturnArdern – mit dem Erfolg, dass das Buch
       seit acht Wochen auf der Bestsellerliste steht. Die erste Auflage war
       bereits vor Weihnachten ausverkauft.
       
       Autorin Michelle Duff dankte den „mutigen Männern von #TurnArdern“, dass
       sie die Botschaft ihres Buchs bestätigen: „Frauen werden seit Generationen
       mundtot gemacht. Die Reaktion zeigt den Hass auf Frauen, die einfach ihren
       Job machen.“ Dass sich Männer vor einer Politikerin so sehr fürchten, dass
       sie ihr Gesicht nicht sehen können, sei jedoch kein bisschen lustig.
       
       Im März wird eine weitere Biografie über Ardern erscheinen.
       Buchladenverkäufer haben bald alle Hände voll zu tun, um die umgewendeten
       Stapel wieder richtig zu platzieren. Werden Sicherheitskameras angebracht?
       Die einfachste Lösung wäre, die Bücher und Magazine einfach vorne wie
       hinten mit Jacindas Foto zu bedrucken. #RotateArdern – ständiges Rotieren.
       
       9 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://en.wikipedia.org/wiki/Meninism
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/culture/2019/dec/30/what-is-turnardern-and-why-is-everyone-in-new-zealand-talking-about-it
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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