# taz.de -- Unruhe vor dem Clásico: Geheime Aufrufe
       
       > Trotz der vorsorglichen Verlegung: Beim Duell zwischen Real Madrid und
       > dem FC Barcelona ist mit massiven Protesten zu rechnen.
       
 (IMG) Bild: Mehr als sportliche Rivalität: Messi (l.) und Ramos standen zuletzt im März im ganz engen Austausch
       
       Der Clásico war noch nie ein Spiel wie jedes andere. Doch heute wird das
       Aufeinandertreffen der beiden Starclubs der spanischen Liga, FC Barcelona
       und Real Madrid, noch mehr als üblich unter dem Zeichen der Politik stehen.
       Das Match wurde aus Sicherheitsgründen vom 26. Oktober auf den heutigen
       vorweihnachtlichen Mittwoch verschoben. Denn im Oktober war Barcelona
       Schauplatz [1][großer Proteste], nachdem neun Unabhängigkeitspolitiker und
       -aktivisten in Zusammenhang mit dem katalanischen Unabhängigkeitsreferendum
       2017 wegen Aufruhr zu bis zu 13 Jahren Haft verurteilt worden waren.
       
       Nacht für Nacht brannten die Barrikaden. Der „Tsunami Democràtic“, eine
       Bewegung, die über soziale Netzwerke mobilisiert, rief dazu auf, den
       Clásico für den Unabhängigkeitskampf zu nutzen. Mit einer Blockade des
       Flughafens in Barcelona hatten sie Stärke bewiesen. Die Liga wollte sich
       dieser Gefahr nicht aussetzen.
       
       Doch der „Tsunami“ gibt nicht auf. Das heutige Spiel werde ruhig verlaufen,
       wenn die Hauptforderung des „Tsunami“ „Spain, sit and talk“ deutlich im
       Stadion zu sehen sei, hieß es in einem Kommuniqué der Bewegung, von der
       keiner weiß, wer sie steuert.
       
       Und es gibt einen Aufruf: „Am Mittwoch brauchen wir Tausende von Personen
       für eine Aktion.“ Was genau geschehen soll, wird kurzfristig über ein
       Nachrichtenkanal auf dem Messengerdienst Telegram und über eine spezielle
       App verbreitet werden, die mittlerweile in Katalonien Hunderttausende auf
       ihrem Handy installiert haben. Wer mitmachen will, soll „ein Radio, Wasser
       und belegte Brote“ mitbringen und „alle sind eingeladen, das Spiel zu
       sehen“. Die Presse berichtet von über 20 Bussen, mit denen Protestierende
       aus ganz Katalonien anreisen sollen.
       
       ## Großer Polizeieinsatz
       
       Sowohl die spanische Nationalpolizei und Guardia Civil als auch die
       katalanischen Mossos d’Esquadra bereiten sich auf die Proteste vor.
       Sondereinsatzkommandos werden mit über 3.000 Beamten vor Ort sein. Die
       Busse beider Mannschaften werden unter massivem Schutz von einem nahe
       gelegenen Hotel ins Stadion fahren.
       
       Ob „Tsunami“ oder nicht, ein Großteil der Fans wird einmal mehr
       Spruchbänder für die Freiheit der Inhaftierten sowie katalanische
       Unabhängigkeitsfahnen mitbringen. Die Polizei wird dies kaum verhindern
       können. Bisher gelang das nur beim Pokalendspiel 2018, in dem der FC
       Barcelona den FC Sevilla besiegte.
       
       Damals beschlagnahmte die spanische Nationalpolizei an den Eingängen zum
       Stadion alles, was für sie nach Symbolen der Unabhängigkeitsbewegung
       aussah. Doch das Spiel fand in Madrid im Stadion von Atlético statt und
       nicht wie heute im Camp Nou in Barcelona, wo selbst der Vereinsvorstand die
       Forderung nach Dialog und Freilassung der Inhaftierten unterstützt.
       „Gefängnis ist nicht die Lösung“, hieß es in einer Klub-Erklärung kurz nach
       dem umstrittenen Urteil im Oktober.
       
       „Wir werden auf den Rasen gehen und ein Spiel spielen, das war’s“, erklärt
       der Trainer des FC Barcelona, Ernesto Valverde, auf die Frage nach
       Sicherheit und Polizeipräsenz. Sein Kollege bei den Königlichen aus Madrid,
       Zinedine Zidane, warnt, vor lauter Politik den Sport zu vergessen: „Es wird
       viel außen herum geredet. Aber die Leute wollen ein gutes Spiel sehen.“
       
       Spannend wird es allemal. Anders als in den vergangenen Jahren ist der FC
       Barcelona nicht mehr die alles überragende Mannschaft. Die Katalanen liegen
       derzeit punktgleich mit Real Madrid an der Tabellenspitze. Während Zidane
       auf fünf wichtige, verletzte Spieler – unter ihnen Marcelo und Marco
       Asensio – verzichten muss, hat Valverde freie Wahl.
       
       Beide Trainer profitieren von der verworrenen politischen Lage und [2][der
       Verschiebung des Clásico] um knapp zwei Monate. Im Oktober steckten beide
       Mannschaften in einer vorübergehenden Krise. Dem Unterlegenen hätte aller
       Wahrscheinlichkeit eine Entlassung gedroht. Jetzt haben sich sowohl Barca
       als auch Real wieder gefangen.
       
       18 Dec 2019
       
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