# taz.de -- Nicht mal ein Sturz kann ihn aufhalten
       
       > Felix Kummer schloss seine Tour am Mittwoch im Kesselhaus ab mit einem
       > Auftritt, der alle glücklich machte
       
       Von Laura Sophia Jung
       
       Mit roten Hosenträgern über weißen Poloshirts und einer Mischung aus
       Punkrock und Rap wurde Felix Brummer als Leadsänger von Kraftklub 2011
       berühmt. Drei Nummer-1-Alben später hat der Chemnitzer die Hosenträger und
       den verballhornten Nachnamen abgelegt. Als KUMMER, nach seinem bürgerlichen
       Namen Felix Kummer, hat er im Oktober sein Solo-Albumdebüt „Kiox“
       veröffentlicht. Jetzt hängte er gleich eine Tour an, die am Mittwochabend
       im Kesselhaus Berlin ihren Abschluss fand.
       
       Tickets gab es am Tag des Konzerts keine mehr – restlos ausverkauft. Schon
       weit vor Beginn sieht die Halle auch so aus: Unten im Saal wie oben an der
       Brüstung der Galerie steht man dicht an dicht, selbst die Treppen sind
       belegt. Schon die Eröffnung mit dem roughen „Nicht die Musik“ und wilder
       Lichtshow zeigt, wohin der Abend zielt: Ausrasten ist angesagt. Und das,
       obwohl Kummer mit „Schiff“ und „9010“ zwei ernste, politische Stücke folgen
       lässt.
       
       Die Frage ist, wer krasser eskaliert: Kummer, der über die ganze Breite der
       Bühne springt, tanzt, manchmal auch stolpert, oder das Publikum, das ein
       Fitnessprogramm absolviert, das die Bosstransformation von Kollegah alt
       aussehen lässt. Mal sind alle (wirklich alle) Arme oben, mal alle in der
       Hocke, um Sekunden später wild zu springen, und immer (wirklich immer) gibt
       es zum Refrain einen Moshpit. Dass bei dieser sportlichen Betätigung noch
       jede Zeile mitgerappt wird, muss man Publikum und Künstler hoch anrechnen.
       Nicht mal ein Sturz kann Kummer davon abhalten, weiter zu rappen.
       
       Trotzdem wird er auch seiner Selbstbeschreibung gerecht: „Ich mach Rap
       wieder weich, ich mach Rap wieder traurig.“ Bei balladesken Stücken wie
       „26“ über den frühen Tod einer Freundin ändert sich die Stimmung im Raum
       schlagartig: Die Berliner*innen lassen sich auf die Trauer ein, die der
       Song transportiert. Es ist ein ehrlicher, roher Moment, wie Kummer auf der
       Bühne steht, verschwitzt vom eben noch wilden Tanzen und davon spricht, wie
       viel Überwindung es ihn gekostet hat, diesen Song seinen Bandkollegen zu
       zeigen. „Dass ich ihn jetzt hier vor so vielen Leuten singe, das hätte ich
       nie gedacht“, sagt er. Und man glaubt es ihm.
       
       Die ruhigen Momente bleiben aber Randnotiz. Mit Kraftklub-Krachern wie
       „Chemie Chemie Ya“ und „Randale“ fühlt man sich in Festivalstimmung
       versetzt: Becher fliegen durch die Halle, T-Shirts werden ausgezogen, die
       Ellenbogen ausgefahren. Und die Berliner*innen kommen auch noch in den
       Genuss von Gästen. Die großartige Rapperin/Sängerin KeKe, die auch schon
       als Vorband spielte, wird bei „Aber nein“ noch mal auf der Bühne begrüßt.
       Für den Antisommerhit „36 Grad“ holt Kummer erst Rapperin Nura und dann
       auch noch das Duo Zugezogen Maskulin auf die Bühne. Die Mikrofone reichen
       nicht für alle, also gibt Kummer kurzerhand seins ab. Wie das Publikum
       feiert er seine Gäste und stört sich gar nicht daran, dass für ein paar
       Minuten die Aufmerksamkeit nicht mehr bei ihm liegt. Es ist faszinierend,
       dass jemand so ein guter Alleinunterhalter und gleichzeitig Teamplayer sein
       kann.
       
       Man kann sich zunehmend schlecht vorstellen, wie der Abend wohl zu Ende
       gehen könnte. Dass er überhaupt zu Ende gehen könnte. Aber auch das hat
       Kummer perfekt orchestriert.
       
       Nach der Zugabe „Bei Dir“, die schon das Potenzial hat, alle etwas zur Ruhe
       zu bringen, spielt er „Der Rest meines Lebens“. Den Refrain singt Max Raabe
       mit seinem beruhigenden Bariton. Kummer dirigiert dazu das Publikum und
       lässt es die Zeilen immer wieder singen, als würde er es langsam aus der
       Hypnose wecken. Es funktioniert.
       
       13 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laura Sophia Jung
       
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