# taz.de -- In der Türkei inhaftierte Deutsche: Terrorvorwurf gegen kurdische PKK-Kritiker
       
       > Ein Hamburger wurde aus der Haft entlassen, ein Kölner bleibt inhaftiert.
       > Beiden wird Unterstützung der PKK vorgeworfen – dabei stehen sie ihr
       > kritisch gegenüber.
       
 (IMG) Bild: Komkar, gegründet 1979 in Frankfurt, ist der älteste Kulturverband kurdischer Vereine in Europa
       
       In der Türkei wurde am Freitagmittag ein inhaftierter deutscher
       Staatsbürger freigelassen. Şeref Akgül, der seit 1992 in Hamburg lebt und
       die doppelte Staatsbürgerschaft hat, war am 21. November im Flughafen in
       Diyarbakır auf dem Rückweg nach Deutschland festgenommen worden. Akgül war
       nach Ankara gebracht worden, wo er acht Tage in Untersuchungshaft saß. Sein
       Verfahren geht weiter.
       
       Dem 54-Jährigen werde Mitgliedschaft in der PKK und PKK-Propaganda
       vorgeworfen, sagte sein Anwalt Neşet Bilek taz gazete. Akgül ist Mitglied
       bei der Sozialistischen Partei Kurdistan (PSK) und bei Komkar, einem
       Verband von „Vereinen aus Kurdistan in Deutschland“. Seinem Anwalt Bilek
       zufolge werden ihm Beiträge in den sozialen Medien und seine Vereinsarbeit
       bei Komkar zur Last gelegt.
       
       Akgüls Bruder Ramazan Akgül bezeichnete den Grund für die Verhaftung seines
       Bruders taz gazete gegenüber als „Unsinn“. „Komkar engagiert sich seit
       Jahren gegen die PKK. Mein Bruder und seine Freunde wurden vielfach von der
       PKK bedroht“, sagt er. „Mein Bruder wird bezichtigt, PKK-Mitglied zu sein,
       obwohl er gegen Gewalt ist. Das ist mir völlig unverständlich.“
       
       Die 1974 im Untergrund gegründete Sozialistische Partei Kurdistans strebt
       im Gegensatz zur PKK eine gewaltfreie, auf einem föderalistischen Ansatz
       basierende Lösung der kurdischen Frage an. In den achtziger Jahren verlegte
       die PSK ihr Zentrum nach Europa, 2014 wurde auf dem Parteitag die
       Entscheidung getroffen, in die Politik der Türkei zurückzukehren.
       
       Dort wurde die Partei 2016 offiziell gegründet. In den regierungsnahen
       Medien wurde die Parteigründung mit Freude aufgenommen, da die „Kurden nun
       nicht mehr auf die HDP und PKK angewiesen sein werden“. Doch im Februar
       diesen Jahres wurde ein Parteiverbot angestrebt, da die Partei in ihrem
       Namen das Wort „Kurdistan“ trägt. Das Verfahren dauert noch an.
       
       ## 60 deutsche Staatsbürger*innen in der Türkei inhaftiert
       
       Während Şeref Akgül freigelassen wurde, sitzt ein weiterer deutscher
       Staatsbürger wegen derselben Vorwürfe in Haft. Der Kölner Bekir Topgider
       war am 12. November in Elazığ in festgenommen worden, wo er sich für einen
       Familienbesuch aufhielt. Am 19. November ordnete der Haftrichter
       Untersuchungshaft an, da angeblich „Flucht- und Vertuschungsgefahr“
       bestehe. Seitdem ist er im Hochsicherheitsgefängnis in Sincan inhaftiert.
       Wie Akgül besitzt auch Topgider die doppelte Staatsbürgerschaft und ist
       Mitglied bei der PSK und Komkar.
       
       Die Anschuldigungen stützten sich unter anderem auf Beiträge in sozialen
       Netzwerken aus dem Jahr 2009, sagte Topgiders Anwalt Hasan Dağtekin taz
       gazete. Dağtekin kann die Begründung für die Inhaftierung nicht
       nachvollziehen. „Mein Mandant steht der PKK und ihren Methoden sehr
       kritisch gegenüber. Von der türkischen Justiz wird er jedoch mit der
       Begründung der Mitgliedschaft und Propaganda für die PKK und KCK
       festgehalten.“
       
       In seiner Verteidigung vor Gericht wies Topgider alle Anschuldigungen
       zurück. Er stehe in keiner Verbindung zur PKK oder zur KCK (Union der
       Gemeinschaften Kurdistans). Vielmehr sei der Verband Komkar, dessen
       Mitglied der 60-Jährige ist, mehrfach von PKK-Anhängern angegriffen worden.
       
       Zehra Topgider, die Frau des Inhaftierten, teilte taz gazete mit, dass das
       Auswärtige Amt dem Fall nachgehe, bisher jedoch ohne Erfolg. Sie selbst
       reiste aus Angst, selbst festgenommen zu werden, nach der Verhaftung ihres
       Mannes nicht in die Türkei. „Auch wenn mein Mann die PKK für ihre Fehler
       kritisiert hat, wird er in der Türkei mit dieser Anschuldigung vor Gericht
       gestellt. Die Türkei sollte diesen Irrtum sofort einsehen“, sagte sie.
       
       Nach Aussagen des Parteivorsitzes der PSK wurden in der letzten Zeit viele
       im Ausland lebende Parteimitglieder in der Türkei verhaftet. Laut dem
       Auswärtigen Amt befinden sich in der Türkei derzeit 60 deutsche
       Staatsbürger*innen in Haft. 55 weitere Staatsbürger*innen dürfen die Türkei
       nicht verlassen, da gegen sie Ermittlungsverfahren laufen.
       
       Aus dem Türkischen von Julia Lauenstein
       
       29 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hayri Demir
       
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