# taz.de -- Die Wahrheit: Ein perverser Rutenträger
       
       > Nikolaus 2019: Der rot gewandete Geselle treibt wieder sein Unwesen und
       > belästigt alle Welt. Das Psychogramm eines wenig vertrauenerweckenden
       > Herrn.
       
 (IMG) Bild: Am Nikolaustag tut der alte weißbärtige Mann das, was er am besten kann: sich zur Schau stellen
       
       Was hat dieser Mann im Kinderzimmer zu suchen? Er ist gewandet in den
       traditionellen Farben der Kommunisten. Dabei hat das Rot einen völlig
       anderen historischen Hintergrund: eine Coca-Cola-Reklame in den dreißiger
       Jahren, in der dieser Kerl in roten Klamotten herumsprang. Trotzdem: Die
       Kolorierung bleibt suspekt, ein rotes Tuch für jeden anständigen Haushalt!
       In diesem Land galt früher ja schon Rote Beete als verdächtig!
       
       Nikolaus ist angeblich sein Name. Das klingt wenig vertrauenerweckend, wie
       eine Mischung aus Nikotin und Laus im Pelz. Weckt obendrein Erinnerungen an
       Klaus Kinkel beziehungsweise Kinski und kann somit Klaustrophobie
       verursachen. Dabei erinnert er an einen Stammkunden der
       Nichtsesshaftenhilfe, der schon mal einen gepflegten Stiefel vertragen
       kann. Wildfremden Menschen macht er Vorhaltungen, um sie hernach mit
       Zankäpfeln und Kopfnüssen zu demütigen. Sein Elektroschlitten hat nicht mal
       einen Kat! Das ist aber noch gar nichts.
       
       Des Nikolausens Vorliebe für Stiefel – wieso ist die noch keinem
       aufgefallen? Der Nikolaus ist womöglich ein Schuhfetischist! Von Tür zu Tür
       eilt er, um auf das Michaeljacksonhafteste kleine Kinder auf seinen Knien
       herumrutschen zu lassen – wieso regt sich da nirgends Argwohn, gerade in
       diesen Zeiten? Und die Rute, was sagt die Rute über seine
       Persönlichkeitsstruktur aus? Haben wir es mit einem ordinären Flagellanten
       zu tun, ist der Nikolaus nur ein billiger Perverser? Knüppel aus dem Sack –
       das bedarf wohl keines Kommentars … Vom Weihnachtsbaum über den
       Tannenzapfen zum Zapfenstreich ist es nur ein winziger Schritt.
       
       Selten sieht man ihn allein – sein ständiger Begleiter ist sicher kaum
       anständig und sowieso männlichen Geschlechts. Ein Knecht dazu –
       Sklavenhaltung im 21. Jahrhundert! Und das soll eine Respektsperson für
       Heranwachsende sein? Wahrscheinlich kriegen die lieben Kleinen bei seinem
       Anblick bloß keine hysterischen Zustände, weil die Bärte dieser Gesellen
       sie an ihre Väter erinnern, die stets aussehen wollen wie zeitgemäße
       Hipster, aber entfernt wie Rinkelrübenträger mit Hordenbärten aus dem 19.
       Jahrhundert erscheinen. Jedenfalls gehören diese Fieslinge keinesfalls in
       die Hände Jugendlicher oder umgekehrt!
       
       ## Schokolade über die Ohren ziehen
       
       Und damit das klar ist: Nikolaus und Weihnachtsmann, das sind zwei
       verschiedene Paar Stiefel. Leider werden heutzutage beide in einen Topf
       geworfen. Besser wäre ein Eimer, in denen man ihnen die Schokolade über die
       Ohren zieht. Übrigens: Beide – Nikolaus wie Weihnachtsmann – haben derzeit
       eine ganz schlimme Saison.
       
       In Milano erhalten sie keine Landeerlaubnis wegen des Smogs. In London
       herrscht das übliche britische Chaos, sodass Santa Claus auch ohne
       Schlitten in die Luft geht. In Palma sollten sie sich nicht in ihren roten
       Gewändern blicken lassen, dort ist Stierkampf wieder erlaubt. In Riga
       kriegen sie mal wieder keine Zündkerzen. In Brüssel diskutiert man wieder
       über ihre artgerechte Haltung. In Genf denkt man über ihren Einsatz zu
       humanitären Zwecken nach. In Kabul bewegen sie sich nach wie vor nur im
       Konvoi. In Tijuana werden sie wie die Schneekönige präpariert. In
       Bethlehem erhalten sie keine Ausgangsgenehmigung. In Berlin ist irgendwas
       mit dem Flughafen, und auf dem Weihnachtsmarkt von Straßburg kommen sie
       kaum voran, weil sie unentwegt um Selfies gebeten werden.
       
       Also wundern Sie sich nicht, wenn Sie dieses Jahr keinen Besuch von diesem
       rot gewandeten Gesellen bekommen. Es ist so schwierig heutzutage, gutes
       Personal zu kriegen.
       
       6 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas C. Breuer
       
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