# taz.de -- Weiße Konventionen durchbrechen
       
       > Die Lebenswelten Schwarzer Frauen auf die Bühne bringen: Magda Korsinsky
       > und ihr Stück „Patterns“ im Ballhaus Naunynstraße
       
       Von Gloria Reményi
       
       Als die Zuschauer*innen den großen Saal im Ballhaus Naunynstraße in
       Berlin-Kreuzberg betreten, sind die Darsteller*innen schon im Raum. Die
       Hände auf die Knie gelegt, sitzen sie still in aufrechter Haltung in der
       ersten Publikumsreihe und schauen mit starrem Blick nach vorne. Eine nach
       der anderen begeben sie sich dann auf die leere Bühne, jede einen eigenen
       Bewegungsloop aufführend, etwa eine sanfte Drehung, einen schwerfälligen
       Schritt, eine Kombination von Armschwingungen. Anfangs steht jede nur für
       sich, allmählich entwickeln sich dann kollektive Bewegungsmuster, dem
       Rhythmus des Schlagzeugs von Jarita Freydank folgend.
       
       Die Darsteller*innen auf der Bühne sind zehn Schwarze Frauen* im Alter
       zwischen 17 und 59 Jahren. In der neuen Performance der Choreografin und
       bildenden Künstlerin Magda Korsinsky, die den Titel „Patterns“ trägt,
       spielen sie sich selbst. Denn die Bewegungsloops, die die Choreografie des
       Abends bilden, stehen für die Verhaltensmuster, also für reale patterns aus
       ihrem Alltag. Dabei handelt es sich zum einen um konkrete, zum Tagesablauf
       gehörende Routinen, mit denen sich beinahe jede*r identifizieren dürfte,
       wie etwa aufstehen, zur Arbeit gehen oder in den Spiegel blicken. Zum
       anderen und in erster Linie geht es jedoch um tief verankerte
       Verhaltensmuster, die eng mit Rassismus- und Sexismuserfahrungen
       zusammenhängen, mit denen man als Schwarze Frau* in einer weißen,
       heteronormativen Mehrheitsgesellschaft konfrontiert ist. Hinter der
       Choreografie lassen sich die realen patterns eher spüren als erkennen, denn
       jede aufgeführte Bewegung ist Ergebnis eines Transformations- und
       Abstraktionsprozesses, wie Korsinsky im Gespräch erklärt.
       
       So stehen die Darsteller*innen irgendwann verteilt auf der Bühne und
       greifen sich selbst ins Haar: Eine betrachtet ihre Afrolocken, eine andere
       zieht fest an ihren Braids. Es scheint, als setzten sich die
       Performer*innen mit dem Thema der Stigmatisierung von Afrofrisuren durch
       die weiße Mehrheitsgesellschaft auseinander; eine Form rassistischer
       Stigmatisierung, die bei Schwarzen Frauen* zu vom Mangel an Selbstakzeptanz
       geprägten Verhaltensmustern führen kann, wie Betroffene sagen. Dass sich
       die Darsteller*innen selbst ins Haar greifen, kann jedoch auch als Form des
       Widerstands gegen jene weißen Menschen verstanden werden, die von der
       politischen Bedeutung von „Black Hair“ nichts wissen und nichts wissen
       wollen.
       
       So schreit Jennifer Dessin-Brasching irgendwann laut „Don’t touch my hair!“
       durch den Raum, fordert somit zum Widerstand auf und lässt die Performance
       zum Akt des Empowerment werden. „Hier mit meinen Schwestern* zu sein, das
       ist Power“, fügt Dessin-Brasching hinzu, während Isabel Kwarteng-Acheampong
       und Virginnia Krämer Safe-Spaces für Schwarze Frauen* in Berlin aufzählen,
       u. a. das Ballhaus Naunynstraße, den Kunstraum SAVVY Contemporary und das
       Onlinemagazin RosaMag.
       
       In ihrer letzten Arbeit, „Stricken“, befasst sich Korsinsky mit der
       Beziehung von afrodeutschen Frauen zu ihren während des Nationalsozialismus
       aufgewachsenen Großmüttern. Mit „Patterns“ hat sie nun eine
       leidenschaftliche, bewegende sowie choreografisch faszinierende „Partitur“
       der Lebenswelt Schwarzer Frauen* auf die Bühne gebracht; einer Lebenswelt,
       die in der deutschen Theaterlandschaft noch immer zu wenig repräsentiert
       ist.
       
       Im Ballhaus Naunynstraße unter der künstlerischen Leitung von Wagner
       Carvalho sind Schwarze und queere Perspektiven hingegen längst gelebte
       Realität. So hallt die empowernde Ode an die Schwarze Frau* stark nach,
       mit der Darstellerin Rebecca Korang die Performance abschließt: „Die
       Schwarze Frau* durchbricht weiße Konventionen, befreit sich von
       patriarchalen Fesseln und vom heteronormativen Blick, um ihre Schwestern*
       zu bestärken, ihre Flügel auszubreiten und zu fliegen.“
       
       Wieder heute, 25. 11., 20 Uhr
       
       25 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gloria Reményi
       
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