# taz.de -- heute in bremen: „Die Maya-Sprachen haben überlebt“
       
       Interview David Siegmund-Schultze
       
       taz: Die Maya wurden von den Spaniern erobert. Lebt ihre Sprache trotzdem
       weiter, Frau Torres Alpuche? 
       
       María Torres Alpuche: Ja, die Mayasprachen haben überlebt. Ich spreche im
       Plural, weil es eine Vielzahl von Sprachen gibt, die zur Familie der
       Mayasprachen gehören. Sie werden heute noch gesprochen. Die wichtigste und
       am weitesten verbreitete Sprache in Mexiko ist das Maya Yucateco. Die
       Maya-Sprachen konnten fortbestehen, weil sie in Regionen gesprochen wurden,
       in denen die indigene Bevölkerung zum Teil geografisch isoliert lebte und
       die daher schwierig zu erreichen waren.
       
       Sprechen Sie eine dieser Varianten des Maya? 
       
       Nein, aber ich habe in meiner Kindheit die Schulferien im Bundesstaat
       Yucatán verbracht, weil meine Familie mütterlicher Seite dort lebt. Ich
       habe eine emotionale Bindung zur Maya Yucateco. Die Cousinen meiner Mutter
       zum Beispiel haben auf dem Lande gewohnt und auf der Straße Maya gelernt.
       Wenn meine Mutter sie aus der Hauptstadt Mérida besuchte, haben sie sich
       wegen ihrer schlechten Aussprache lustig gemacht, wenn sie als Kind
       versuchte, ihre Worte zu imitieren. Deswegen hat sie es nicht gelernt aber
       sie verwendete Maya-Wörter bei uns zu Hause, vor allem Namen von Gerichten
       oder bestimmte Adjektiven.
       
       Wie viel des sprachlichen Erbes der Maya ist in dem heutigen mexikanischen
       Spanisch wiederzufinden? 
       
       Viele Begriffe aus den indigenen Sprachen werden in Mexiko auch von
       Nicht-Indigenen in spanisierter Form benutzt. Ich habe meine Oma „abuelita“
       genannt, so wie es alle Kinder in Mexiko-Stadt machten. Meine Cousinen in
       Yucatán haben aber „chichí“ zu ihr gesagt, was vom Wort für Oma auf Maya
       abgeleitet ist: „chiich“. Mischformen und Maya-Begriffe wie diese kommen
       sehr häufig vor. Und auch die Melodie des Spanischen in Yucatán ist vom
       Maya-Akzent beeinflusst.
       
       Und wie ist es umgekehrt, haben auch spanische Begriffe Einzug in das Maya
       gefunden? 
       
       Die Einflüsse gehen in beide Richtungen. Bis auf die ersten Ziffern 1, 2
       oder 3 wird im Maya auf Spanisch gezählt. Mit der Kolonisierung sind auch
       Begriffe für Dinge aufgetaucht, die es bei den Maya schlicht nicht gab,
       etwa „iglesia“ (Kirche) oder „virgen“ (Jungfrau). Als ich einmal auf einem
       Markt stand, auf dem indigene Bauern ihre Produkte verkauften, war das
       einzige, das ich verstehen konnte „Coca-Cola“, ausgesprochen mit
       „maya“-Akzent, so etwas wie „Kóka-Kóola“. Die Globalisierung hat also auch
       vor den Nachfahren der Maya nicht Halt gemacht. Sich mit solchen
       Kuriositäten zu beschäftigen, finde ich sehr spannend.
       
       21 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Siegmund-Schultze
       
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