# taz.de -- Spaniens Fußball blamiert sich: Schmutziges Spiel
       
       > Luis Enrique kehrt als Trainer des Nationalteams zurück. Trotz guter
       > Arbeit muss ihm Robert Moreno, der sich nun gedemütigt fühlt, weichen.
       
 (IMG) Bild: Alte Rangordnung: Enrique (r.) ist wieder Chef, Moreno (l.) wieder frei von Verantwortung
       
       Es kündigte sich ein gemütlicher Abend ohne große Aufregung an. Das bereits
       qualifizierte Spanien traf in der EM-Qualifikation auf das bereits
       ausgeschiedene Rumänien. Die Arena von Atlético Madrid füllte sich nur zur
       Hälfte, und auch die Fernseher hatten schon mal mehr Leute eingeschaltet.
       In gewisser Weise verpassten sie nichts. Denn einen Ehrenplatz unter den
       infamsten Kapiteln der spanischen Fußballgeschichte sollte sich dieser
       Abend nicht durch das verdienen, was man sah: einen 5:0-Sieg. Sondern durch
       das, was man nicht sah.
       
       Kein Interview des Nationaltrainers nach Spielschluss. Keine
       Pressekonferenz. Keine Äußerungen der Spieler. Keine des Managers und keine
       des Präsidenten. Nur die wachsende Gewissheit, dass da etwas Merkwürdiges
       im Busche war. Die Auflösung folgte gut zwölf Stunden später, am
       Dienstagmittag bei einer Pressekonferenz des Verbandes: [1][Luis Enrique]
       kehrt in den Job als spanischer Auswahlcoach zurück, den er wegen der
       Krebserkrankung seiner Tochter Xana aufgegeben hatte.
       
       Acht Monate nach der Abreise von einem Qualifikationsspiel aus Malta, fünf
       nach seinem offiziellen Rückzug und drei nach ihrem Tod fühlt er sich
       wieder stark für die Aufgabe. Wie Präsident Luis Rubiales erklärte, löst
       der Verband damit ein Rückkehr-Versprechen ein, dass er Luis Enrique
       gegeben habe. „Wir haben unser Wort gehalten“, feierte er sich. Als Zeichen
       des Vertrauens gilt Luis Enriques Vertrag bis zur WM 2022.
       
       Der Leidtragende dieser Entscheidung ist Robert Moreno. Der langjährige
       Assistent von Luis Enrique war im Sommer mit allen Weihen als neuer
       Cheftrainer vorgestellt worden. Nach seinem letzten Spiel soll er nun
       förmlich in sich zusammengesackt sein. Unter Tränen verabschiedete er sich
       von den Spielern, wortlos verließ er das Stadion. In den Job als Vize von
       Luis Enrique wird er nicht zurückkehren, zu den
       Vertragsauflösungsgesprächen schickte er gestern nur noch seine Anwälte.
       Moreno fühlt sich gedemütigt – und verraten. Zwar hatte er bei der
       Amtsübernahme selbst erklärt, „gern wieder einen Schritt zur Seite zu
       machen“, sollte Luis Enrique wiederkehren. Aber das hatten Eingeweihte vor
       allem als Geste gegenüber einem leidenden Freund interpretiert, der
       seinerseits in einem Kommuniqué mitgeteilt hatte: „Meine Etappe bei der
       Auswahl ist beendet.“
       
       ## „Supergerecht vorgegangen“
       
       Nach der Volte von gestern gibt es jetzt zwei Meinungen im Land.
       Diejenigen, die das Verbandsvorgehen in der Sache befürworten, aber in der
       Art der Umsetzung ablehnen. Und diejenigen, die es in Substanz wie Form für
       falsch halten.
       
       „Wir sind ein Land des Narrentums – viva España“, twitterte Iker Casillas,
       der legendäre Ex-Kapitän. Ein „Zirkus“, sekundierte die größte Sportzeitung
       Marca im Titel. Rubiales versuchte gestern, die chaotischen Ereignisse mit
       einer Überreaktion von Moreno zu begründen. Doch seine Einschätzung, „wir
       sind nicht gerecht, sondern supergerecht vorgegangen“, ließ die Zuhörer mit
       offenem Mund zurück. Anderthalb Jahre nach der fulminanten Entlassung von
       Julen Lopetegui zwei Tage vor WM-Beginn steht der 42-jährige Kanare wieder
       im Kreuzfeuer der Kritik – abgesehen von anderen offenen Fronten wie der
       umstrittenen Vergabe des Supercups nach Saudi-Arabien, dem Arbeitskampf im
       Frauenfußball [2][inklusive Spielerinnenstreik] oder seinen Dauerfehden mit
       der spanischen Liga LFP.
       
       Im aktuellen Fall hat Rubiales auch sein Ego einen Strich durch die
       Rechnung gemacht. Nach dem 7:0 am Freitag gegen Malta in Cádiz spazierte er
       durch die Mixed Zone, um sich für einen Sieg gegen die Liga feiern zu
       lassen, die mit ihrem Ansinnen der Verlegung einer Partie in die USA vor
       Gericht gescheitert war. Doch er wurde auch mit der Frage konfrontiert, ob
       Moreno bei der EM auf der Bank sitzen werde. Rubiales antwortet ausweichend
       – und das Thema war auf der Agenda. Si tacuisses …
       
       Plötzlich musste sich Moreno Fragen nach seiner Zukunft erwehren. Naiv
       hielt er das Ganze für ein Medienthema. Mit „zehn von zehn“ bewertete er
       die Aussichten, bei der EM auf der Bank zu sitzen: Sein Vertrag schloss die
       EM mit ein, an seiner Arbeit – sechs Siege, zwei Remis in acht Spielen –
       gab es nichts auszusetzen. Für Luis Enrique bedeutet der Erfolg seines
       ehemaligen Weggefährten erhöhten Druck: In Umfragen erklärten zwei Drittel
       der Fans, sie hätten lieber Moreno als Nationaltrainer behalten.
       
       19 Nov 2019
       
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