# taz.de -- EM-Qualifikationsspiel England – Kosovo: Vorwärts immer!
       
       > In England beeindruckt das kosovarische Team trotz Niederlage mit seinem
       > Draufgängertum. Ziel ist der große Coup – die Qualifikation für die EM.
       
 (IMG) Bild: Der kosovarische Torwart Aro Muric versucht den Schuss von Raheem Sterling, England, abzufangen
       
       Prishtina taz | So ein kleines bisschen ernüchtert sind die Kosovaren nach
       der 3:5-Niederlage ihrer Mannschaft in Southampton gegen England schon. In
       der dem Spiel vorausgehenden Euphorie nach dem 2:0-Sieg gegen Tschechien am
       letzten Freitag verstiegen sich doch manche dazu, einen Sieg vorauszusagen.
       Doch nach dem Spiel war die Stimmung keineswegs gedrückt. Die Mannschaft
       hat vor allem in der zweiten Halbzeit gezeigt, dass sie die ganz Großen
       ärgern können.
       
       „Wir sind stolz auf unsere Jungs, die so toll für unser Land kämpfen“,
       sagte die Spitzenkandidatin der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) Vjosa
       Osmani, die gute Chancen hat, bei den Parlamentswahlen am 6. Oktober
       Premierministerin des Landes zu werden.
       
       Und es fing auch richtig gut an. Noch hatten im überfüllten
       Versammlungsraum der Partei manche Besucher ihren Platz gesucht, als alle
       schon aufsprangen und die Führung feierten. Der Stürmer Valon Berisha hatte
       schon nach 36 Sekunden nach einem krassen Abwehrfehler getroffen. Das Tor
       war so cool erzielt, wie es der 68-jährige Schweizer Trainer Bernard
       Challandes von seiner sehr jungen Mannschaft fordert. „Es geht nicht um die
       Taktik, nicht um die richtigen Laufwege. Es geht darum, den Ball zu
       gewinnen und ein Tor zu erzielen. Wir müssen ein bisschen Verrücktheit an
       den Tag legen. Und viel Leidenschaft.“
       
       15 Spiele ist Kosovo nach seinem Amtsantritt im März 2018 ungeschlagen
       geblieben. Immer mit der Vorwärtstaktik. Verteidigen? „Das entspricht auch
       nicht meinem Naturell als Coach. Nein, es wird das pure Gegenteil sein.“
       Laufen sollen seine Jungs. Laufen und laufen. Doch die Profis aus der
       Premier League nahmen nach ein paar Minuten das Spiel in die Hand und
       ließen die Kosovaren ihrerseits ins Leere laufen. Schon in der 8. Minute
       erzielte Raheem Sterling den Ausgleich. Dann ging es Schlag auf Schlag:
       Kapitän Harry Kane (19.), Mergim Vojvoda (38./Eigentor) und BVB-Profi
       Sancho (44./45.+1) zeigten die Schwächen in der Verteidigung der Kosovaren
       vor allem bei schnellen Kontern auf.
       
       1:5 zur Pause. Die vor dem Fernseher im Vorraum des Gebäudes ausharrenden
       Hausmeister und Angestellten zeigten lange Gesichter. Und auch in den
       Straßen hin zum Zentrum der Stadt war es ungewöhnlich ruhig. Doch im
       „Babel“ drängten sich bei lauter Musik die jungen Leute. Kosovo verfügt ja
       bei zwei Millionen Einwohnern über die jüngste Bevölkerung Europas. „Ach,
       das macht nichts, unsere Jungs werden wieder gegen andere gewinnen“, schrie
       die 18-jährige Elisa, „das Spiel ist auch noch nicht vorbei.“ Die
       umstehenden Freunde lachten über so viel Optimismus.
       
       Doch kaum war ein Bier bestellt, lag ein Torschrei über der ganzen Stadt.
       Wieder war es Valon Berisha, der die englische Verteidigung aushebelte und
       sie mit einem knallharten Schuss aus zehn Metern überraschte. Als nur sechs
       Minuten später Vedat Muriqi einen Foulelfmeter glücklich verwandelte, glomm
       im „Babel“ sogar etwas Hoffnung auf. Natürlich hatten die Engländer in der
       zweiten Halbzeit etwas Tempo aus ihrem Spiel genommen und ihren Gegner
       unterschätzt. Nach dem kosovarischen Doppelschlag kamen sie nicht mehr
       richtig ins Spiel. Und nachdem der kosovarische Torwart den Elfmeter von
       Harry Kane parierte, ergaben sich sogar noch Chancen für die Kosovaren,
       einen weiteren Treffer zu erzielen. Bersant Celina verpasste das Tor und
       damit den Anschluss nur knapp (88.).
       
       Kosovo ist jetzt mit acht Punkten Dritter in der Gruppe, Tschechien hat
       nach dem Sieg in Montenegro mit neun Punkten die Nase vorn. Ein
       Unentschieden in Prag und ein Sieg gegen Montenegro könnte für den zweiten
       Platz nach den Engländern reichen. Und man hätte ja noch die Chancen über
       die Qualifikation in der Nations League, in der Kosovo ganz vorne liegt.
       
       Seit drei Jahren erst ist das 2008 für unabhängig erklärte Land in die
       Strukturen des Weltfußballverbandes zugelassen. Gegen die Proteste
       Serbiens. Vorher spielten die besten Spieler des Landes in der Schweizer
       Nati (Granit Xaka und Xherdan Shaqiri) oder in der Nationalmannschaft
       Albaniens. Für die Jungen kommt das nicht mehr infrage. „Unsere
       Nationalmannschaft hilft Kosovo, aus der Isolation herauszukommen“, erklärt
       die Politikerin Vjosa Osmani. Sie hofft auf die baldige Aufhebung des
       Visazwangs gegenüber ihrem Land.
       
       11 Sep 2019
       
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 (DIR) Erich Rathfelder
       
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