# taz.de -- heute in hamburg: „Eine Stadt nicht von jetzt auf gleich umbauen“
       
       Interview Carlotta Kurth
       
       taz: Herr Bill, seit einigen Jahren nimmt der Radverkehr in Hamburg stetig
       zu. Wie kann es sein, dass es hier immer noch so fahrradunfreundlich
       zugeht? 
       
       Martin Bill: Im Grunde genommen haben wir es mit Fehlern der Vergangenheit
       zu tun. Hamburg hat sich sehr lange anhand des Leitbilds einer
       autogerechten Stadt entwickelt. Gerade drehen wir die Entwicklung um und
       sind stattdessen dabei, eine Fahrradstadt zu werden. Das braucht aber seine
       Zeit. Deshalb findet man in Hamburg immer noch Stellen, die
       fahrradfreundlicher sein könnten.
       
       Warum kommt diese Entwicklung erst jetzt? 
       
       Ich glaube, in der Vergangenheit fehlte der Konsens aller Parteien, dass
       man für Fahrradfahrer mehr tun muss. In der ersten rot-grünen Koalition von
       1997 bis 2001 wollten wir das Veloroutennetz entwickeln. Das Problem war,
       dass dieses Vorhaben in den Nachfolgeregierungen nicht mehr weiterverfolgt
       wurde. Die Fahrradpolitik erlebte danach ein regelrechtes Auf und Ab, was
       die Entwicklung stark zurückhielt.
       
       Aber seit 2015 koalieren SPD und Grüne, viel getan hat sich ja auch jetzt
       nicht … 
       
       Wenn Sie durch Hamburg fahren, sehen Sie schon, dass sich viel tut. Da, wo
       gebaut wird, ist der Radverkehr mittlerweile viel besser, denken Sie nur an
       die Fahrradstraße im Leinpfad. Aber wir können eine Stadt einfach nicht von
       jetzt auf gleich umbauen. Aktuell ist es schon so, dass wir so viele
       Baustellen haben wie lange nicht mehr in der Stadt.
       
       Was ist mit Stellplätzen für Fahrräder? Zurzeit sind die ja auch eher
       spärlich. 
       
       Es gibt jetzt ein starkes Ausbauprogramm an den U- und S-Bahn-Haltestellen.
       Bike and Ride baut da neue, große Stationen. Wir wollen aber auch mehr
       Fahrradbügel in der Stadt aufbauen. Das ist eine sehr kleinteilige Arbeit,
       deshalb geht das nicht immer sofort.
       
       Wie kann Hamburg für Radfahrer*innen denn nun freundlicher und sicherer
       werden? 
       
       Der Kern ist, dass wir bereit sein müssen, den Radfahrern den nötigen Platz
       zu geben. In einer gebauten Stadt ist das schwierig, denn der Platz ist
       begrenzt von Hauswand zu Hauswand. Eine Radverkehrspolitik muss sich auch
       in der Praxis sehen lassen. Man muss merken, dass der Platz umverteilt
       wird. Man muss den Mut haben, zu sagen, im Zweifel machen wir den
       Radfahrstreifen breiter und die Fahrbahn kleiner. Unser Ziel ist es, in der
       nächsten Legislaturperiode auf dem aufzubauen, was wir in dieser Periode
       erreicht haben.
       
       6 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carlotta Kurth
       
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