# taz.de -- berliner verkäuferinnen und wie sie den laden hier am laufen halten: Heute: Inken Kunze
       
 (IMG) Bild: Inken Kunze: Eizelhandel reizte sie mehr als Pädagogik
       
       Haben Sie diesen BH auch ohne Mausezähnchen?“ In den Gesprächen hinter dem
       Vorhang der Umkleidekabine im „Körpernah“, einem Fachgeschäft für Dessous
       und Bademoden in der Schöneberger Maaßenstraße, fallen oft schöne Wörter,
       und gekichert wird auch gern. Inken Kunze, Dessous-Fachverkäuferin, hat
       sich für ihren Geschäftsalltag ein ganz eigenes Vokabular angeeignet, so
       hässliche Begriffe wie ‚Problemzonen‘ kommen ihr nicht über die Lippen.
       
       Ihre Kundinnen kommen mit „Themen“: 80 Prozent aller Frauen, so weiß sie,
       tragen BHs in falschen Größen, die meisten wählen zu weite Modelle mit zu
       kleinen Cups, zu schwache Träger. Das kann dann allerdings zu Problemen
       führen – Nackenverspannungen, Rückenschmerzen, verkrampfte Haltung usf. Für
       fast alle weiblichen Körper gibt es passende BHs, nur sind diese vor allem
       für Frauen mit großen Cup-Größen im Kaufhaus schwer oder gar nicht zu
       finden.
       
       Genau diese Damen, die nach frustrierenden Shoppingtouren von Inken Kunze
       in einer der Kabinen mit Maßband vermessen werden und dann nach gezielten
       Griffen in die Schubladen aus fünf bis zehn exakt passenden BHs ihre
       Auswahl treffen können, gehören zur Zielgruppe des Geschäfts. Der ‚flagship
       store‘ des ‚Körpernah‘ in der Uhlandstraße legt den Fokus auf mehr Auswahl
       an Marken im Dessous-Luxusbereich.
       
       Inken Kunze kommt gerade hoch zufrieden von der Dessousmesse in Schkeuditz
       zurück. Sie war gut vorbereitet, hatte die Kataloge studiert und weiß, was
       ihre Kundschaft will, Firmenvertreter schätzen solche Kompetenz. Im
       „Körpernah“ hat sie sich in den letzten acht Jahren den perfekten „Schliff“
       der Fachverkäuferin angeeignet. In der DDR aufgewachsen, zur Wendezeit mit
       der Schule fertig geworden, hätte sie, wäre der Mauerfall nicht
       dazwischengekommen, ein Pädagogikstudium begonnen. Der Einzelhandel reizte
       sie mehr.
       
       Nach der Ausbildung und kurzer Selbstständigkeit hat sie im
       inhabergeführten „Körpernah“ vor acht Jahren eine perfekt sitzende
       Anstellung gefunden. „Das macht schon einen Riesenunterschied, ob man als
       Verkäuferin eine Chefin hat, die nur zweimal im Jahr vorbeirauscht, oder ob
       man so eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet wie wir.“
       
       Das Geschäft ist meerblau angestrichen, der Fußboden sandfarben, an den
       Wänden hängen Fischernetze, Kokosnüsse und Sonnenhüte. Beachflair, wie die
       Namen der Badeanzug-Marken in den Regalen suggerieren: „Sunflair“,
       „Watercult“, „Anita“… „Wenn ich am Strand eine etwas fülligere Frau mit
       einem toll sitzenden Badeanzug sehe – dann denke ich oft: wow! Und freue
       mich, wie schön die Dame aussieht. Nur leider ist es ja so: Die wenigsten
       Frauen sind mit ihrem Körper zufrieden. Ich nehme mich da nicht aus! Wir
       kommen mit den Veränderungen unseres Körpers nicht gut zurecht. Auch wenn
       sich viele meiner Kundinnen um die 50 noch wie 30 fühlen – unsere Körper,
       unsere Brüste verändern sich im Alter. Das können wir nicht aufhalten, aber
       wir können unseren Kundinnen dabei helfen, sie schön zu verpacken. Das ist
       meine Kompetenz.“
       
       Nun sind es nicht nur Damen über 30, die bei BH- und Bademoden besondere
       Beratung im Fachgeschäft suchen. Vielmehr als früher gibt es Teenager mit
       großen Oberweiten, die nicht selten in Begleitung ihrer Mütter kommen.
       „Wissenschaftlich kann ich das nicht genau herleiten, aber die ganzen
       Hormone in unseren Lebensmitteln und Verhütungsmittel in der dritten
       Generation gelangen ja in unseren Körper und spielen sicher eine Rolle.“
       
       Stammkundinnen aus dem Schöneberger Kiez und gezielt das Fachgeschäft
       ansteuernde Damen aus anderen Bezirken dabei zu helfen, für ihre
       Abendgarderobe, für den Strand, im Alltag die perfekte Unterwäsche oder
       Strandkleidung zu finden, empfindet Inken Kunze oft als große Bestätigung:
       „Am meisten freue ich mich, wenn eine Kundin bei uns den richtigen BH für
       sich gekauft und nach einer Weile wieder zu mir in den Laden kommt und
       sagt: „Ich bin so zufrieden, erst jetzt weiß ich, was es bedeutet, den
       perfekten BH zu tragen.“ Das sind Momente, die mich in meinem Berufsalltag
       glücklich machen.“ Dorothee Wenner
       
       19 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothee Wenner
       
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