# taz.de -- Die Wahrheit: Im Ponyhofgang der Gedanken
       
       > Die österreichische Dichterin Friederike Weichselbaumer ist eine Zauberin
       > und hat den Stein der Weisen gefunden. Und der ist platt wie ein
       > Pfannkuchen.
       
 (IMG) Bild: Mancher Artikel liegt blauschwer auf der Sprecherzunge
       
       Es muss nicht immer der Dalai Lama sein und auch nicht Paulo Coelho. Es
       darf auch Friederike Weichselbaumer sein! Diese noch viel zu unbekannte
       österreichische Aphoristikerin kann es genauso weise und erbaulich und ist
       ein Vorbild für alle, die sich in unserer allzu aufgeregten Gegenwart auf
       das besinnen wollen, was uns einzig und allein innehalten lässt – die Zeit.
       
       „Ich sammele Zeit – damit ich bei Bedarf Momente, Augenblicke für mich
       habe“, lehrt die Dichterin. Sie hätte auch sagen können: Ich spute mich, um
       ein paar Minuten gutzumachen, in denen ich – bei Bedarf! – kurz pausieren
       kann, bevor ich weiterhetze; aber eine Dichterin sagt es dichterisch.
       
       Und sagt in Bildern, was sie sagt: „Es muss immer wieder Abend werden,
       damit wir auf einen neuen Morgen hoffen können“ – und es nicht immer wieder
       nur Nacht wird. Selbstverständlich weiß die Denkerin, die sie immer wieder
       ist, dass Hoffen nicht reicht. Man muss auch glauben! „Wer an ein Morgen
       glaubt, der hilft der Zeit, das Leben in die Zukunft zu tragen“ – mehr ist
       nicht zu tun.
       
       Kleingeistern mögen zu dieser Merkregel kalte Begriffe wie „Tautologie“
       oder „Zirkelschluss“ einfallen; dächten sie einen Schritt weiter, so sähen
       sie, dass in Friederike Weichselbaumers Lehren eine Wahrheit liegt, der
       niemand entkommen kann. Diese Wahrheit ist unwiderleglich, denn sie
       entbehrt der Liebe nicht: „Die Wurzel eines erfüllten Daseins ist die
       Liebe. Aus ihr fließt die Kraft zur Daseinsfreude.“ Und umgekehrt!
       
       Glaube, Hoffnung, Liebe und die Kraft zur Freude, diese vier lehrt uns die
       Gute; niemand muss an dieser Welt verzweifeln, wenn er doch zufrieden sein
       kann. Siehe: „Aus der Geduld wächst die Güte, aus der Weisheit wächst die
       Kraft“, und so wächst auch die Güte aus der Weisheit und aus der Kraft die
       Geduld wie die Geduld aus der Kraft und die Weisheit aus der Güte – ja,
       Friederike Weichselbaumer ist eine Zauberin und hat den Stein der Weisen
       gefunden.
       
       40 oder 400 Bücher hat Friederike, 1948 im österreichischen Rutzenmoos
       wahrscheinlich auf einem Ponyhof zur Welt gekommen, bis heute vorgelegt.
       Sie tragen Titel wie „ZeitZeitlich“ und „LichtQuellen“ oder heißen
       „WortWörtlich“ und „Sich selber erleben“, und sie alle enthalten Gedanken,
       „Atmende Gedanken“ gar, auch „Denkfrüchte“ und „Überdachtes“. Und es ist
       ein feiner Zug, dass diese Denkerin ihre Leser nicht bevormundet, indem sie
       etwa ihre Gedanken ausspräche: „Ich blättere im Bilderbuch meiner Gedanken.
       Die Bilder sprechen für sich“, spricht sie vielmehr kunstvoll lapidar und
       lässt uns volle Gedankenfreiheit, derer wir so sehr, gebeugt von den
       Widrigkeiten des Alltags, bedürfen; sie aber lebt sie uns beispielhaft vor.
       
       Ja, wir bedürfen viel. Doch Friederike Weichselbaumer gibt uns das
       tröstliche Gefühl, dass man deshalb nichts ändern muss. Sondern dass mit
       einem einverständigen Lachen alles geht: „Wenn ich in den Tag hineinlache,
       bekomme ich ein Echo zurück.“ Wie hier!
       
       27 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Köhler
       
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