# taz.de -- Jetzt auch Fishermen for Future
       
       > Deutsche Fischer schlagen ungewohnte Töne an: Auch sie sorgen sich jetzt
       > um den Klimawandel, die Meeresschutzgebiete und die Fanggründe der
       > Zukunft. Als Lösung empfehlen sie Fisch- statt Fleischkonsum. Die
       > Umwelthilfe zeichnet ein pessimistischeres Bild
       
 (IMG) Bild: Überfischung? Quatsch! Die Fischer sehen ganz andere Probleme, zum Beispiel den Fleischkonsum
       
       Von Sven-Michael Veit
       
       Natürlich gehe es auch den Fischern ums Klima. „Wir sind die wahren
       Naturschützer“, sagt Bernhard Feneis, Präsident der Deutschen
       Binnenfischer. Und der niedersächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Gero
       Hocker, Präsident des Deutschen Fischerei-Verbands, behauptet: „Unser
       ‚Fridays for Future‘ war schon immer ‚Freitags gibt’s Fisch‘.“ Es ist die
       Eröffnung des Deutschen Fischereitags in Magdeburg. Etwa 220 VertreterInnen
       der Branche haben sich für drei Tage in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt an
       der Elbe getroffen, um über die Lage der deutschen Fischwirtschaft zu
       debattieren. Denn Probleme gibt es reichlich, vor allem Umweltschützer und
       eben das Klima.
       
       Der Fischereiverband versucht, seine gesamte Produktpalette als
       umweltfreundliche und eiweißreiche Alternative zu Fleisch anzupreisen. Die
       Produktion verbrauche viel weniger Wasser und verursache weniger
       CO2-Ausstoß, als die Mästung von Rindern, Schweinen oder Hühnern,
       argumentieren die VerbandsvertreterInnen. Zudem sei wildgefangener Fisch
       bis zum Tod frei und damit sowas von öko.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeichnet ein weniger freudiges Bild. 41
       Prozent der Fischpopulationen in der Europäischen Union seien überfischt.
       „Die Überfischung zu beenden, ist die einfachste Möglichkeit, unseren
       Fischpopulationen zu helfen und sie widerstandsfähiger gegenüber den Folgen
       des sich ändernden Klimas zu machen“, sagte DUH-Vertreter Ulrich Stöcker.
       Der Verzehr von Fisch hatte im vorigen Jahr leicht zugelegt. Der
       Pro-Kopf-Verbrauch lag bei 14,4 Kilogramm, wie das
       Fisch-Informationszentrum in Hamburg in der vergangenen Woche mitteilte.
       
       Der Klimawandel sorgt in Nord- und Ostsee für wärmere Sommer und Winter.
       Die Zahl der eisfreien Tage hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten
       deutlich erhöht, ebenso die Zahl der Tage mit Wassertemperaturen von mehr
       als 18 Grad, berichtet der Meeresbiologe Myron Peck vom Institut für
       Fischereiwissenschaften an der Universität Hamburg. Entsprechend wandelten
       ganze Fischpopulationen nordwärts und besiedelten Gebiete, die ihnen bisher
       zu kalt waren. Bis 2050 würden sich diese Habitate je nach Fischart um 400
       bis 800 Kilometer nordwärts verlagern, so Peck.
       
       Aus Sicht der Fischer sorgt das für neue Probleme, aber auch für Chancen.
       Für die Hochseefischer sei positiv, dass durch den Klimawandel einige
       wärmeliebende Fische wie Sardinen oder Thunfisch vermehrt in der Nordsee
       anzutreffen seien, sagte der Verbandschef der Deutschen Hochseefischerei,
       Uwe Richter. Vermehrten sich die Bestände dort weiter, könnten sie bald
       kommerziell befischt werden. Zugleich vertreibt der Klimawandel jedoch
       kälteliebende Arten wie Makrele, Scholle und Kabeljau in den Nordatlantik.
       Im Polarmeer werde sich „die Produktivität der Fischbestände wohl erhöhen“,
       sagt Peter Breckling, Generalsekretär des DFV. Das Problem für deutsche
       Fischer: Diese Gebiete sind keine EU-Meere, langwierige Verhandlungen über
       Fangrechte mit Russland, Norwegen, Island, Grönland, Kanada und den USA
       wären kaum zu vermeiden.
       
       Zugleich kritisieren die Fischer, „dass die Regierungen den grünen
       Ideologen so viel Macht geben“. So hätten Naturschutzverbände
       unwidersprochen damit drohen können, Nationalparks von jeglicher Form der
       Nutzung zu befreien. „Da wissen wir wenigstens, wo der Hammer hängt“,
       stellt Dirk Sander, Chef der Küsten- und Kutterfischer klar. Deshalb dürfe
       auch nicht die Forderung der EU-Kommission umgesetzt werden, Fangverbote in
       Meeresschutzgebieten zu erlassen. „Großflächige Fischereiverbote erfüllen
       aus unserer Sicht nicht das Kriterium der Erforderlichkeit“, so Sander.
       Notfalls würde der Fischerei-Verband dagegen vor dem Europäischen
       Gerichtshof klagen, kündigte er an.
       
       Aber nicht nur der Naturschutz bekümmert die Fischer, sondern auch der
       Welthandel mit den ganz großen Schiffen. „Mit Sorge sehen wir die
       Elbvertiefung“, sagt Sander. Die neunte Vertiefung der Fahrrinne werde die
       Strömung des Flusses erhöhen und „dadurch die Fischerei immer gefährlicher
       machen“. Zudem müssten die 40 Millionen Kubikmeter Baggergut „in neuen
       Klappstellen nordwestlich von Helgoland“ in die Nordsee geschüttet werden.
       „Das bedeutet für uns Fischer wieder den Verlust von Fanggebieten und eine
       Beeinträchtigung der Umwelt“, sagt Sander – bedrängt von beiden Seiten, von
       Ökologen und Ökonomie.
       
       22 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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