# taz.de -- „Wenn Du jetzt nicht sofort…!“: Erfolgloses Familienunternehmen
       
       > Meine Freundin hat einen neuen Job. Die eingespielten Abläufe zuhause
       > sind dahin. Und unser Change-Prozess läuft … naja … es fliegen
       > Gegenstände.
       
 (IMG) Bild: Zuhause (Symbolbild)
       
       Erinnern Sie sich noch an diese [1][Vorwerk-Werbung] von Anfang der 2000er?
       In der die Frau den krawattierten Mann mit Küsschen zur Arbeit
       verabschiedet, einen Kindergeburtstag ausrichtet, bekleckert wird, die
       Kinder durch die Stadt karrt und zwischendurch staubsaugt und Gemüse in den
       Mixer drückt – und dabei natürlich gut gelaunt und fantastisch aussieht:
       „Ich führe ein sehr erfolgreiches, kleines Familienunternehmen.“
       
       Geile Hausfrau, geiles Leben, geile Kinder, geile Firma, geile Wir-AG.
       
       Nichts gegen die Aufwertung von Hausarbeit, aber: Sollte ich jemals meine
       Familie als „sehr erfolgreiches, kleines Familienunternehmen“ bezeichnen,
       hoffe ich, einen Freund zu haben, der mit seiner Hand ein- oder zweimal in
       meine Backpfeifenvisage klatscht.
       
       Dabei fühle ich mich im Moment zu Hause tatsächlich so als wären wir eine
       Firma. Eine Firma, die gerade einen Change-Prozess durchläuft. Meine
       Freundin hat einen neuen Job. Sie ist jetzt Lehrerin. Ihre Schule ist weit
       weg und so muss sie an manchen Tagen morgens vor 7 Uhr los. Ich habe also
       die Frühschicht mit den Kindern. Ich! Die Frühschicht! Dabei schlaf ich so
       gern. Ich kann unheimlich gut schlafen.
       
       Wir hatten über Jahre eingespielte Abläufe. Jetzt ist alles durcheinander.
       Meine Freundin ist morgens gestresst, weil sie schnell zur Arbeit muss, ich
       bin gestresst, weil meine Töchter sich weder anziehen noch die Zähne putzen
       noch sonst irgendwie kooperativ an dem Change-Prozess teilnehmen möchten.
       
       ## Nicht nachmachen! Nicht die Zahnbürste werfen!
       
       Vor wenigen Tagen eskalierte es: Ich drohte Tochter eins wieder mal – wenn
       sie jetzt nicht endlich mitmachen würde! – mit irgendeiner mit der Sache
       überhaupt nicht zusammenhängenden Bestrafung (ich glaube, es war „Dann erst
       mal kein ‚Bibi und Tina‘ mehr“), meine Freundin machte daraufhin einen
       spöttischen Kommentar zu meinen Erziehungsmethoden, ich fühlte meine
       Autorität untergraben, Tochter zwei schrie wegen irgendwas, Tochter eins
       war wütend ob des Bibi-und-Tina-Verlust-Seelenschmerzes – und dann flog die
       Zahnbürste. Mit Wucht ditschte sie auf den Badezimmerfliesen auf und
       hinterließ einen interessanten Zahnpastaabdruck an der Badewanne.
       
       Ich hatte sie geworfen.
       
       Keine Sternstunde. Weder die Bestrafungsandrohung noch das Werfen. Nein,
       ich bin kein Kuscheltyp. Kinder können schon lernen, dass ihr Verhalten
       Konsequenzen hat. Dass sie sich einzufügen haben. Dass nicht alle nach
       ihrer Pfeife tanzen. Aber: An diesem Morgen war das unser, nein, mein
       Fehler. Wir müssen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen, es
       muss genug Zeit sein. Ich! Muss! Früher! Aufstehen! Ich! Muss! Früher! In!
       Die! Gänge! Kommen! Und wenn es dann nicht klappt, tja, tschüss Bibi,
       tschüss Tina!
       
       Doch sollte es klappen, dann führe ich endlich ein sehr erfolgreiches,
       kleines Familienunternehmen.
       
       Klatsch! 
       
       Aua.
       
       18 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=3CGBOU-02sM
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
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       Ich bin eher so der norddeutsche Typ, zurückhaltend und in der
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       ist.