# taz.de -- Bewaffneter Konflikt in Libyen: Rückschlag für Haftars Truppen
       
       > General Khalifa Haftar will weiter auf Tripolis vorrücken. Die
       > strategisch wichtige Stadt Garian haben seine Truppen jetzt offenbar
       > verloren.
       
 (IMG) Bild: Rauchschwaden über der Stadt: ein Angriff der Haftar-Truppen im Juni östlich von Tripolis
       
       Tunis taz | Truppen der libyschen Einheitsregierung haben die
       40.000-Einwohner-Stadt Garian südlich [1][der Hauptstadt Tripolis]
       eingenommen und Kämpfer des verfeindeten Armeechefs Khalifa Haftar
       vertrieben. Augenzeugen aus der strategisch wichtigen Stadt in den
       Nafusa-Bergen berichten, dass die mehrheitlich aus Ostlibyen stammenden
       Soldaten von Haftars Libyscher Nationalarmee (LNA) in Richtung der
       Nachbarstadt Tarhuna flohen, der letzten Bastion Haftars in Westlibyen.
       Andere sind offenbar gefangengenommen worden. Ein Sprecher von
       Premierminister Fajis al-Sarradsch schätzte die Zahl der gefangenen
       LNA-Soldaten auf „weit über 100“. Dutzende seien getötet worden.
       
       Haftar wird vom libyschen Parlament im Osten des Landes unterstützt. Es
       beansprucht ebenso wie die Regierung von Ministerpräsident al-Sarradsch die
       Macht für sich. Die Regierung von al-Sarradsch hat kaum Kontrolle über die
       Hauptstadt Tripolis hinaus.
       
       Seit Anfang April versucht die LNA von Garian und Tarhuna aus Tripolis
       einzunehmen. Viele Bewohner von Garian waren allerdings mit der Besetzung
       ihrer Stadt durch die LNA-Truppen nicht einverstanden. Mehrere Aktivisten
       werden seit ihrer Verhaftung durch Haftars Geheimdienst vermisst. Der
       Aktivist Hamza al-Nadscha berichtete der taz, dass unter der Bevölkerung in
       Garian der Unmut über die Soldaten aus dem Osten und die Söldner aus dem
       Tschad und dem Sudan gewachsen sei. „Es waren letztlich die Übergriffe
       gegen jeden, der sich gegen Haftars Angriff auf die libysche Hauptstadt
       stellte, der zu einem Aufstand der Bevölkerung in Garian geführt hat.“
       
       Von dem rund 90 Kilometer südlich von Tripolis gelegenen Garian starteten
       in den letzten Wochen regelmäßig mit Raketen ausgerüstete Drohnen. An der
       50 Kilometer breiten Front forderten die nächtlichen Drohnenangriffe unter
       den Verteidigern von Tripolis viele Opfer. Nach UN-Angaben wurden bei den
       Kämpfen im Süden der libyschen Hauptstadt bisher 650 Menschen getötet und
       3.500 verletzt. Mehr als 100.000 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen.
       
       ## Hauptstadt-Milizen haben sich zusammengetan
       
       Der Sprecher der LNA, Ahmed al-Mismari, bestätigte die Kämpfe rund um
       Garian, behauptete jedoch, dass die Stadt weiter unter Kontrolle der
       Haftar-Truppen sei. Es handele sich lediglich um einen taktischen Rückzug.
       Doch zahlreiche nach dem Sturm auf Garian entstandene Videos und Fotos
       zeigen ein anderes Bild: Neben Drohnen und Luftabwehr-Lafetten sind
       zahlreiche Leichen von LNA-Kämpfern zu sehen. Gefangene Soldaten von Haftar
       berichten von einer chaotischen Flucht ihrer Kommandeure.
       
       Haftar begründet seine Offensive auf die Hauptstadt damit, verschiedene
       Milizen aus Tripolis vertreiben zu wollen. Diese hätten wichtige
       Institutionen sowie die Regierung von Premierminister al-Sarradsch unter
       ihre Kontrolle gebracht. Nach anfänglichem Chaos war es den eigentlich
       verfeindeten Hauptstadt-Milizen gelungen, sich zusammenzutun. Massive
       Verstärkung erhielten sie aus den beiden Städten Misrata und Zintan, die an
       der Frontlinie vor rund drei Wochen zum Gegenangriff übergegangen sind.
       
       Ein Kommandeur der gegen die LNA kämpfenden Tripolis-Brigaden sagte
       gegenüber der taz, dass mit der Einnahme der Stadt Garian der von den
       Vereinten Nationen geforderte Waffenstillstand endgültig vom Tisch sei.
       „Statt Haftars Angriff auf Tripolis zu sanktionieren, haben die
       internationalen Diplomaten nur abgewartet, wer den Krieg gewinnt. Wir haben
       endgültig das Vertrauen in die Vereinten Nationen verloren und werden
       Haftar aus Westlibyen vertreiben.“
       
       27 Jun 2019
       
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