# taz.de -- Wahl der NDR-Indendanz: Knuth oder nix
       
       > Am Freitag entscheidet der Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks, wer
       > neuer Intendant wird. Es gibt nur einen Kandidaten.
       
 (IMG) Bild: Es kann anscheinend nur einen geben
       
       Fans von Alternativlosigkeit sind offenbar die zwölf Mitglieder des
       Verwaltungsrats beim NDR. Die haben nämlich nur einen möglichen Nachfolger
       für den zum Jahresende ausscheidenden Intendanten Lutz Marmor
       vorgeschlagen. Der langjährige Hörfunkdirektor Joachim Knuth soll am
       Freitag vom Rundfunkrat an die Spitze des Norddeutschen Rundfunks gewählt
       werden. Zwei Drittel der 58 Stimmen des Gremiums benötigt Knuth dann.
       
       Knuth agiert bisher als einer der wichtigsten Macher beim Deutschen
       Radiopreis, für den der NDR innerhalb der ARD federführend ist. Als
       Marmor-Nachfolger ist er deshalb unter anderem beliebt. Trotzdem stellt
       sich die Frage, warum nicht mehr Kandidaten zur Wahl stehen.
       
       Denn gerade erst hatte es beim SWR Streit in den Gremien gegeben, [1][weil
       dort nur 2 Kandidaten vorgeschlagen worden waren, obwohl es wesentlich mehr
       Bewerber gegeben hatte]. Nun beim NDR also sogar nur 1?
       
       ## Keine Frau in der Auswahl
       
       Beim Hessischen Rundfunk war 2016 Manfred Krupp alleiniger Kandidat,
       gewählt wurde er trotzdem nur äußerst knapp. 9 von 30 Mitgliedern des
       Gremiums stimmten gegen Krupp – möglicherweise aus einem gewissen Unbehagen
       darüber, dass er der einzige Kandidat war. ProQuote Medien kritisiert
       zudem, [2][dass keine Frau zur Wahl steht].
       
       Für den Verwaltungsrat sei es gemäß NDR-Staatsvertrag, „nicht bindend,
       mehrere Personen zu benennen“, sagt Ulf Birch, der Vorsitzende des
       Gremiums. Der entsprechende Paragraf 28 schließt das aber auch nicht aus.
       Warum also Knuth oder nix? „Weil wir von der Person, die wir gefunden
       haben, inhaltlich voll überzeugt sind“, sagt Birch. Wie die Auswahl im
       Detail zustande gekommen ist, sagt er nicht.
       
       Birch sagt dazu, die Wahl des Kandidaten sei einstimmig erfolgt – in einem
       Gremium, in dem Frauen in der Mehrheit sind (7:5). Grundsätzlich, so Birch,
       sei eine Intendantenwahl eher „eine Berufung in einen Job als ein
       Auswahlverfahren“, mit der Wahl eines Fraktionsvorsitzenden einer Partei
       könne man das nicht vergleichen.
       
       Das mag rein formal betrachtet so sein. Angesichts dessen, dass es hier um
       den mächtigsten Posten in der drittgrößten ARD-Anstalt geht, ist das aber
       unbefriedigend – und angesichts der Grundsatzdiskussion um Legitimität und
       Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auch nicht zeitgemäß.
       
       ## Keine einheitliche Prozedur
       
       Der Gesetzgeber könnte für die Intendantenwahl „ein detaillierteres
       Verfahren vorschreiben“, sagt Birch. Die Länderparlamente in Hamburg,
       Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, die sich auf
       eine Änderung einigen müssten, könnten etwa festschreiben, dass der
       Verwaltungsrat mehrere Kandidat*innen benennen muss. Ob Birch es gut fände,
       wenn es so käme, sagt er nicht.
       
       Intendantenwahlen finden unter völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen
       statt. Bei Radio Bremen bildet der Rundfunkrat laut Staatsvertrag „eine
       Findungskommission unter Beteiligung des Verwaltungsrats“. Beim SWR wählen
       Rundfunk- und Verwaltungsrat sogar gemeinsam den Oberboss. Es sei
       „unwahrscheinlich“, dass es in allen Staatsverträgen irgendwann einmal
       „eine einheitliche Regelung geben wird“, sagt Ulf Birch.
       
       Das Verhalten des NDR-Verwaltungsrats verstärkt die grundsätzlichen Zweifel
       an der Zeitgemäßheit des Kontrollsystems bei den Öffentlich-Rechtlichen.
       Die Verwaltungsräte, die, grob gesagt, mit wirtschaftlichen Fragen befasst
       sind, werden von den für die Programmüberwachung zuständigen Rundfunkräten
       gewählt. Diese wiederum setzen sich zusammen aus Vertretern von Parteien,
       Gewerkschaften und Verbänden.
       
       Die NDR-Rundfunkratsvorsitzende Cornelia Nenz etwa ist Vorsitzende des
       Heimatverbands Mecklenburg-Vorpommern, ihre Stellvertreterin Ute
       Schwiegershausen Geschäftsführerin der Unternehmensverbände Handwerk
       Niedersachsen. Gewiss ehrenwerte Institutionen, aber die Frage, ob deren
       Gesandte ideale Vertreter der Gesellschaft sind, drängt sich auf.
       
       Einen weitreichenden Reformvorschlag hat kürzlich der Medienwissenschaftler
       Hermann Rotermund in der FAZ veröffentlicht. Er spricht sich dafür aus, die
       Rundfunkräte von den beitragszahlenden Haushalten wählen zu lassen –
       ähnlich wie die Organe der gesetzlichen Sozialversicherungen.
       
       4 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Intendantenwahl-beim-SWR/!5579546
 (DIR) [2] https://www.pro-quote.de/proquote-medien-fordert-chefredakteurin-fuer-die-tagesschau/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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