# taz.de -- Weltverbesserung gibt’s jetzt im Abo
       
       > U-Bahn-Pöbler, Gender Pay Gap und auslaufende Tampons sind nur drei
       > Dinge, die Joey Juschka nerven. Lösungen dafür, Weltverbesserungsideen,
       > gibt es jetzt als Kurzgeschichten im eigenen Blog
       
       Von Marie Serah Ebcinoglu
       
       Es nervt manchmal, in Berlin zu leben, es nervt manchmal, Frau* zu sein.
       Wegen der Leute, die einem in der U-Bahn breitbeinig den Raum nehmen, wegen
       der Leute, die andere in der Bahn anpöbeln, und weil man so oft erst im
       Nachhinein weiß, was man hätte sagen wollen. Es nervt, weil man seinen
       Tampon immer mit der Faust umschließen muss, wenn man zur Toilette geht,
       damit sich nichts in der Hosentasche abzeichnet. Es nervt, weil man nachts
       das Gefühl hat, es wäre besser, durch den dunklen Park zu rennen, anstatt
       zu gehen.
       
       Und was nun? Meine beiden neuesten Lieblingsideen: „Scheiße-Listen“, wie
       die Theatermacherin Simone Dede Ayivi sie macht – der Titel erklärt das
       Prinzip schon gut – und „Weltverbesserungsgeschichten“ von der/dem AutorIn
       Joey Juschka, bekannt von den Berliner Szenen auf dieser Seite.
       
       In ihren/seinen Kurzgeschichten knöpft sich Juschka einen
       gesellschaftlichen Missstand vor und denkt sich prosaisch, mal ganz
       unkonventionell und politisch, mal absurd und erheiternd, aber immer mit
       „Das wäre ja auch mal einen Gedanken wert“-Effekt Lösungen dafür aus. Diese
       Lösungen sind nicht: demonstrieren gehen, mit dem Kreisvorsitz reden, eine
       Petition unterschreiben – nicht falsch verstehen, dass ist alles wichtig
       und richtig –, sondern denken in eine andere Richtung. So kann man als
       Frau* in der Geschichte „Option C“ Urlaub nehmen, bis der Equal Pay Day
       erreicht ist, oder sich die Differenz zum nächsten Mann* auszahlen lassen.
       In „Zupfsäule, Frankfurter Tor“ gibt es Kabinen, in denen die vor Blut
       auszulaufen drohenden Tampons zackig auf der Straße gewechselt werden
       können – wer eine weiße Hose trägt, hat Vorrang. Die Erzählung
       „Demo?Geschichte!“ beschreibt eine Welt, in der Abtreibungsgegner für jedes
       Kind zahlen müssen, das ihretwegen in eine Welt geboren wurde, in der
       Abtreibungen verboten sind, und nun in finanzieller Not aufwächst. Auch für
       mein oben erwähntes Park-Problem hat sich Juschka in „SCHAF e.V“ eine
       herrlich komisch erzählte Lösung ausgedacht, bei der man sich fragt, wieso
       es die nicht schon längst real gibt.
       
       Nicht immer ist die erdachte Verbesserung für ein Problem praktikabel oder
       komplett in sich schlüssig, aber sie zeigt mit dem Finger darauf, dass hier
       mal eine Lösung notwendig wäre, und eröffnet dem Leser einen anderen
       Blickwinkel auf so oft Wahrgenommenes. Die Geschichten sind für Juschka
       eine Form politischen Engagements. So entstand „Demo? Geschichte“ als
       Reaktion auf eine nicht wahrgenommene Gegendemonstration zur
       Pro-Life-Bewegung. „Hingehen konnte ich nicht, aber nichts dagegen zu tun
       hat sich auch falsch angefühlt“, so Juschka. „Dann habe ich mich zu Hause
       hingesetzt und eine Geschichte geschrieben.“ Für sie/ihn sind die
       Verbesserungsgeschichten nicht in erster Linie als ernsthafte Lösung
       gedacht, eher als Gedankenspiel, wie weit man eigentlich gehen kann.
       
       Mittlerweile hat sich ein gutes Fundament an Weltverbesserungsgeschichten
       angesammelt, die alle auf Juschkas Website „Die Welt, verbessert“ kostenlos
       gelesen oder gehört werden können. Jeden Monat kommt eine neue
       Weltverbesserungsidee hinzu und kann mit einem monatlichen Abonnement
       unterstützt werden. Wer Lust hat, sich das mal live anzuhören, kann am 27.
       Juni zur Veranstaltung „Salon Wundertüte“ im Barbiche gehen (ja – es gibt
       für jede*n eine Wundertüte!).
       
       Aber das Beste: die eigenen, alltäglichen Ärgernisse können mit
       Verbesserungsgesuch auf der Website hinterlassen werden. Und da hätte ich
       auch schon einen Vorschlag: Was kann man eigentlich gegen diese Flitzpiepen
       tun, die einen ständig mit ihren Rädern an der Ampel überholen, aber dann
       so langsam fahren, dass man sie zwischendurch immer wieder abfängt?
       
       17 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marie Serah Ebcinoglu
       
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